Lot – wähle deine Freunde klug! (Lech Lecha)

Im Abschnitt Lech Lecha treffen wir nicht nur Avraham zum ersten Mal, sondern auch seinen Neffen Lot. Was können wir von ihm lernen?

3 Min.

ORD Redaktion

gepostet auf 03.11.19

In der Parasha der Woche treffen wir nicht nur Avraham (noch Avram) zum ersten Mal, sondern auch seinen Neffen Lot.
וַיֵּלֶךְ אַבְרָם כַּאֲשֶׁר דִּבֶּר אֵלָיו ה‘ וַיֵּלֶךְ אִתּוֹ לוֹט וְאַבְרָם בֶּן־חָמֵשׁ שָׁנִים וְשִׁבְעִים שָׁנָה בְּצֵאתוֹ מֵחָרָן:
„Da ging Awram, wie es G-tt ihm ausgesprochen hatte, und mit ihm ging Lot. Awram aber war 75 Jahre alt, als er aus Charan ging (12:4).“
Die Tora erzählt uns hier, dass Awram auf Haschems Veranlassung den Ort Charan verließ, der ihm Heimat geworden war und wo seine Familie wohnte. Er brach nach Eretz Jisrael auf, ohne in dem Moment zu wissen, was das Ziel seiner Reise sein würde. Sein Neffe Lot schließt sich ihm an.

Kaum in Eretz Jisrael angekommen, bricht eine Hungersnot im Land aus und Awram geht nach Ägypten, um zu überleben. Auch auf dieser Reise begleitet ihn Lot. Es ist interessant sich anzusehen, welche Worte die Tora an beiden Stellen benutzt, die Lots Teilnahme an den Reisen beschreiben. In obigem Vers steht וַיֵּלֶךְ אִתּוֹ לוֹט – vajelech ito lot – und mit ihm ging Lot. In Vers 13:1 lesen wir: וַיַּעַל אַבְרָם מִמִּצְרַיִם הוּא וְאִשְׁתּוֹ וְכָל־אֲשֶׁר־לוֹ וְלוֹט עִמּוֹ – vaja'al evram mimizraim hu veischto vecol ascher lo velot imo – da zog Awram, er, seine Frau und alle Seinigen und auch Lot mit ihm von Ägypten hinauf. Im Deutschen werden die Worte אִתּוֹ ito und עִמּוֹ imo gleich übersetzt als „mit ihm“. Tatsächlich hat sowohl das Wort אֶת et als auch das Wort עִם im die Bedeutung „mit“, aber im Hebräischen versteht man die darin enthaltenen subtilen Unterschiede.

Malbim (Rav Meïr Leibusch ben Jechiel Michel Wisser, 1809-1879) erläutert, dass אֶת et normalerweise einem Nomen vorausgeht, das es betont. Dadurch ist es per definitionem diesem Wort untergeordnet. Das Wort עִם im hingegen hat ein gleichberechtigtes Feeling. Beim Verlassen von Charan hat sich also Lot seinem Onkel Awram untergeordnet, während er sich bei der Rückkehr aus Ägypten schon auf demselben Niveau sah. Dieser Hochmut fand seinen Ausdruck auch darin, dass sich Lot bald darauf in Sodom ansässig machte und so dem Einfluss seines Onkels entzog. Von den katastrophalen Folgen dieser Entscheidung berichtet uns die Tora in den nächsten Paraschot.

Sein Zeitgenosse Rav Jakow Tzwi Mecklenburg (1785-1865) leitet das genaue Gegenteil von diesen Worten ab. Basierend auf dem Sohar sagt er, dass eine positive Entwicklung im Leben Lots abzulesen ist, wenn sich Lot zuerst auf einem niedrigeren spirituellen Niveau befindet, aber durch den intensiven Kontakt mit Awram spirituell steigt und sich auf einer Stufe befindet, die die Tora עִמּוֹ nennt.

Der Netziv (Rav Naftali Tzwi Jehuda Berlin, 1816-1893) sieht tatsächlich einen ähnlichen Anstieg in Lots spiritueller Entwicklung. Da ja immer viele Menschen zu Awram gekommen sind, um seinen Rat einzuholen, an seiner Weisheit teilzuhaben und sein Gebet zu erbitten, konnte Lot in unmittelbarer Nähe viel von seinem Onkel lernen. Lot war ein enger Schüler Awrams und so kamen auch zu ihm Menschen mit ihren Anliegen, wenn Awram zu beschäftigt war. Sie wollten von Lot wissen, was Awram ihnen raten würde und dadurch gewann auch Lot an Weisheit.

Ohr HaChaim (Rav Chaim ibn Atar, 1696-1743) meint allerdings, dass die Tora normalerweise das Wort עִמּוֹ imo benutzt, wenn sie „mit ihm“ sagen will. Es ist ungewöhnlich, dass sie אִתּוֹ ito im Zusammenhang mit Awrams Abreise aus Charan sagt und es deutet seiner Meinung nach darauf hin, dass Lot ursprünglich nicht mitgegangen ist, um Haschems Gebot zu erfüllen, sondern aus familiären Gründen mit Awram zusammenbleiben wollte.

Bei Lot ist ein Grundsatz unserer Weisen abzulesen, die immer wieder betonen, wie wichtig es ist zu fragen, in wessen Gesellschaft man lebt. Die Umwelt hat auf jeden Menschen großen Einfluss und nur wenige, sehr starke Individuen können sich negativen Strömungen verweigern. Rambam (Rav Mosche ben Maimon, 1135-1204) sagt: „Man muss sich mit rechtschaffenen Menschen umgeben und fortwährend mit gelehrten Menschen sitzen, so dass man von ihren Taten lernt.“

 

Dieser Artikel ist dem Blatt zum Wochenabschnitt der ORD entnommen. Ein Besuch auf ihrer Website lohnt sich!

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