Tzav – Geständnisse, Gebeten und Teshuva

Unsere Weisen lehren uns, daß unsere Gebeten in Abwesenheit des Heiligen Tempels in Jerusalem die rituellen Opfer ersetzen...

3 Min.

Rabbiner Lazer (Elieser Rafael) Brody

gepostet auf 29.03.20

Tzav – Geständnisse, Gebeten und Teshuva

Unsere Weisen lehren uns, daß unsere Gebeten in Abwesenheit des Heiligen Tempels in Jerusalem die rituellen Opfer ersetzen…

 

 

"Dies ist die Lehre des Schuldopfers; es ist höchst heilig" (Levitikus 7:13)

Unsere Weisen lehren uns, daß unsere Gebeten in Abwesenheit des Heiligen Tempels in Jerusalem als Ersatz für rituelle Opfer dienen. Insofern gelten die Grundsätze der Opfer für das Gebet. Ohne den Heiligen Tempel in Jerusalem können wir das Schuldopfer nicht ausführen. Aber anstelle des rituellen Schuldopfers lernen wir von unseren Weisen, daß wir unsere Übertretungen gegenüber Haschem bekennen und jederzeit zurück zu Ihm kehren können. Die Kombination aus Geständnis, persönlichen Gebeten und Teshuva (Zurückkehr zu Haschem) setzt nicht nur die geistige Kraft eines Opfers im Heiligen Tempel voraus, sondern wird auch als "höchst heilig" angesehen, genauso wie ein Schuldopfer. Das folgende Gleichnis erklärt, warum:

Vor einem königlichen Bankett wurde zwei Dienern des Königs befohlen, die prächtigen, aber äußerst zarten Kristallbecher des Königs zum Glanz zu bringen. Jeder Diener erhielt sechs der unschätzbaren Becher mit einer strengen Warnung, die königliche Aufgabe äußerst vorsichtig zu erfüllen.

Die beiden kehrten zu ihren Arbeitsplätzen in der königlichen Küche zurück und begannen, die Kristallbecher zu reinigen. Der erste Diener, der von einem Zimmermädchen abgelenkt wurde, schlug achtlos mit dem Ellbogen auf einen der Becher und warf ihn vom Tisch. Der zarte Kristallbecher fiel zu Boden und zerbrach in Stücke. Der Diener wurde ganz blaß, fand aber sofort wieder zu sich, schnappte sich einen Besen, fegte die zerbrochenen Partikel zusammen und entsorgte alle Spuren seines Fehlers.

Der zweite Diener erfüllte seine Aufgaben und polierte die Kristallbecher so fleißig durch, daß Schweißperlen auf seiner Stirn erschienen. Er reinigte sie mit größter Aufmerksamkeit und Konzentration. Er wickelte fünf der fertigen Becher in ihre blauen Samthüllen. Er griff nach dem sechsten, aber der Becher rutschte ihm aus der Hand und krachte auf den Boden. Das Herz des Dieners was gebrochen. Seine Augen füllten sich mit Tränen. Ohne Verzögerung rannte er schnell zum König.

Der zweite Diener warf sich vor die Füße des Königs: "Majestät", rief er, "ich habe einen Ihrer prächtigen Kristallbecher zerbrochen. Es ist mir so peinlich! Bitte, Majestät, akzeptieren Sie drei Jahre meines Lohns als Zurückerstattung für den Becher! Ich akzeptiere jede Strafe, die ich verdient habe. Es tut mir so leid!" Der Diener weinte so heftig, daß er nicht mehr sprechen konnte.
Der gütige und barmherzige König streckte seinem treuen Diener sein Zepter entgegen und deutete an, daß er aufstehen sollte.

"Lieber Diener", lächelte der König, "Dein tief empfundenes Geständnis ist mir lieber als tausende Kristallbecher. Du wirst nicht bestraft. Ganz im Gegenteil, von diesem Tag an wirst du nicht länger als Küchenarbeiter dienen. Ich befördere dich sofort zur Stelle des königlichen Kellners!"
 
Nichts im Palast entging der Aufmerksamkeit des Königs. Er wußte ganz genau von dem Missgeschick des ersten Dieners und ging davon aus, daß er seinen Fehler gestehen würde. Stunden vergingen, aber der erste Diener erschien nicht vor dem König. Der König rief zwei muskulöse Palastwächter herbei und befiehl ihnen, den ersten Diener in Ketten zu ihm zu bringen.
 
Der erste Diener fragte ganz frech: "Majestät, warum werde ich wie ein Verbrecher behandelt?"
 
Der König verlangte die sechs Becher. Der Diener brachte nur fünf hervor. Als der König um den sechsten bat, zuckte der Diener mit den Schultern. Er behauptete, daß er keine Ahnung hatte, wo sich der sechste Becher befand und bestritt sogar, irgendwelchen Fehler gemacht zu haben.
 
"Du verweigerst dich, mir deinen Fehler zu gestehen", sagte der König, "und noch dazu leugnest du in deiner völligen Dummheit deine Schuld. Ich bin immer bereit, Nachlässigkeit zu vergeben. Allerdings kann ich Unehrlichkeit nicht vergeben. Wegen deines Mangels an Ehrlichkeit, wird es mir klar, daß du ein Verbrecher bist, der nicht in der Lage ist, in meinem Palast zu dienen! " Der Diener wurde ins Exil geworfen.
 
* * *

Reb Nathan (Nosson) von Breslev schreibt (Likutei Halachot, O "H, Hilchot Kriat Shma 2: 1):" Das Geständnis eines Menschen, etwas falsch gemacht zu haben, liegt Haschem sehr am Herzen, da ein echtes  Geständnis bedeutet, die Wahrheit zuzugeben."

Haschem legt viel Wert auf Ehrlichkeit. Er verzichtet zwar nicht nur auf die Bestrafung von gestandenem Fehlverhalten, sondern tröstet er auch denjenigen, der seine Fehler ehrlich gesteht. Das genaue Gegenteil gilt für den Lügner, der versucht, seine Übertretungen zu verbergen.
 
Laut den Lehren von Reb Nosson können wir leicht verstehen, wie das offene, aufrichtige und unmittelbare Geständnis des zweiten Dieners die Barmherzigkeit und das Mitgefühl des Königs bis zu dem Punkt hervorrief, den Diener nicht zu bestrafen und ihn sogar zu befördern. Pech für den Lügner der versuchte, sein Fehlverhalten zu verbergen. Der König symbolisiert eindeutig G-tt, und wir alle sind seine Diener.

Da das Geständnis gleichbedeutend mit einem Schuldopfer ist, ist es in den Augen vom König der Könige auch "höchst heilig". Als wir unsere Sünden täglich während unserer persönlichen Gebeten vor G-tt gestehen, rufen wir das Mitgefühl von Haschem, unserem liebenden Vater im Himmel an und beschleunigen wir so den Tag, an dem wir in unseren wiederaufgebauten Heiligen Tempel in Jerusalem zurückkehren und unsere Opfer wie damals vollbringen werden. Amen.

 

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