Spirituelle Navigation

Um den richtigen Weg zu finden, musst du nicht nur dein Ziel kennen, sondern auch wissen, wo du dich gerade befindest.

3 Min.

Rabbiner Shalom Arush

gepostet auf 22.09.19

Navigation: vom Standpunkt zum Ziel

Elul ist der Monat der Tshuva. Die meisen glauben, Tshuva hieße Reue. Aber das stimmt nur zum Teil. Tshuva heißt zurück kommen, Rückkehr, Umkehr, vom Hebräischen lashuv. Wohin gehen wir zurück? Natürlich zu HaShem. Das ist unsere Aufgabe im Elul, den Weg zu finden.

Beim Navigieren gibt es eine Grundregel. Du kannst nicht wissen, in welche Richtung du gehen musst, bevor du weißt, wo du bist. Sagen wir, du willst nach Hamburg. Wenn du nicht weißt, ob du in Berlin oder in Köln bist, hilft es dir wenig, nur das Ziel zu kennen.

Genauso ist es auch mit der spirituellen Tshuva. Auch nachdem du weißt, dass du zu HaShem willst, musst du erst einmal wissen, wo du stehst, bevor du wissen kannst, in welche Richtung du jetzt gehen musst.

HaShem ruft jeden von uns jeden Tag – Ajeka? Wo bist du? Wir müssen unsere Lage objektiv betrachten und uns fragen, wo wir im Leben und in unserer Beziehung zu HaShem stehen. Du kannst nicht einfach sagen: "Um zu HaShem zu kommen muss ich einfach nach oben". Du wirst nirgendwohin kommen, wenn du nicht zuerst das tust, was auf deinem aktuellen spirituellen Level nötig ist. Du kannst nicht morgens aufstehen und sagen: "Ich bin Moshe Rabeinu" oder "Ich bin Rabbi Akiva" – du musst Stufe für Stufe aufsteigen, bis zu dem Level dieser beiden Gerechten kommst. Ein Zweitklässler kann noch so intellegent sein – er muss noch viele Jahre Schule durchlaufen, bis er zum Medizinstudium antreten kann.

 

Ein Beispiel

Lasst uns schauen, wo wir wirklich stehen in dieser Generation. Wir sind auf dem Boden. Jeden Tag hören wir, wie Internet, soziale Medien und Chaträume das Häßlichste aus Menschen heraus geholt haben. Ehebruch, Kindermissbrauch, Mobbing, der ganze Dreck. Auch "praktizierende" Juden verbringen Stunden in diesem Sumpf, der nichts anderes ist als der Treibsand des Jezer HaRa, der Versuchung, der Menschen lebendig begräbt. Alles dreht sich nur um Lust und Entweihung des Heiligen.

Wir können den Lohn, den wir dafür bekommen, unsere persönliche Heiligkeit zu wahren, kaum begreifen. Zu wissen, wo du stehst, heißt, ganz ehrlich mit HaShem zu sein. Mit ihm zu reden: "HaShem, ich gebe zu, mein Kopf ist voller unzüchtiger Bilder und Gedanken. Ich schließe oft meine Augen nicht, wenn ich sollte, und sehe Dinge, die ich nicht sehen sollte, die meine Seele kaputt machen, die meine persönliche Heiligkeit stehlen. Aber ich will anders sein, ich will meine Heiligkeit wahren und schützen. Ich will mich dir nähern können. Ich will die wahre Freude von Torah, Shabbat und Heiligkeit schmecken können. Ich will von meinen körperlichen Versuchungen frei sein. Du musst mir helfen, HaShem. Alleine schaffe ich es nicht."

 

 

Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr HaShem sich freut, wenn jemand mit ihm redet, nachdem er sich selbst ehrlich geprüft hat. Wir sollten eiin Gebet wie oben im Beispiel niemals meiden, bis wir jeden Aspekt des Themas, an dem wir arbeiten, tief in unserer Seele und unserem Herzen verankert haben. Wir müssen uns klar machen, wo wir stehen. Und dann können wir HaShem um Hilfe bitten – wenn gleichzeitig wir alles in unserer Macht stehende tun, um zum Beispiel unsere persönliche Heiligkeit zu schützen.

 

Sei HaShem gegenüber nicht unverschämt

In der Parasha Bereshit lesen wir, wie Adam und Chava HaShems Gebot, nicht von einem bestimmten Baum zu essen, übertreten. Danach erzählt uns die Torah, wie sie merken, was für einen schlimmen Fehler sie gemacht haben und dann – dann verstecken sie sich vor HaShem. Sich vor HaShem zu verstecken versuchen? Das ist letztendlich unverschämt, oder? HaShem sieht alles, weiß alles, warum solltest du versuche, dir vor ihm zu verstecken?

Stell dir vor, deine Kinder spielen Fußball und zerschmettern das Wohnzimmer-Fenster. Tausende Euros. Und dann rennen sie und verstecken sich. Macht das dich nicht noch wütender, dass sie sich zu verstecken versuchen? Ganz anders, wenn sie kommen, und den Fehler zugeben. Wenn sie sich entschuldigen und den Schaden wieder gut machen wollen, mit ihrem Taschengeld und ihrem Erspartem. Wenn sie das tun – was für wundervolle Kinder! Solche Kinder bestraft man nicht, und man ist ihnen auch nicht lange böse.

Du hast gesündigt? Halte ein paar Minuten der Scham aus und gib es zu! Die Scham an sich ist schon Strafe und Wiedergutmachung für die Sünde. Aber zu versuchen, etwas vor HaShem zu verbergen? Das ist unverschämt. Aber genau das tun wir. Wir denken, niemand sieht uns hinter der Büro-Tür, oder allein zu hause. Aber HaShem sieht und weiß alles, immer und überall, auch unsere innersten Gedanken. Sich das nicht bewusst zu machen, ist die größte Unverschämtheit und Heresie, die es gibt.

 

Aber HaShem ist geduldig. Er ruft immer noch jeden Tag jedem von uns zu – Ajeka? Wo bist du? Lasst uns diese Frage hören und prüfen, wo wir sind. Das ist der Beginn des Weges zurück zu HaShem. Kenne dich selbst, prüfe, woran du arbeiten musst. Das ist die Basis der Tshuva.

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