Eine zeitweilige Anwesenheit

Zum Vers "In Hütten sollt ihr wohnen sieben Tage" (Lev. 23,42) erklärten die talmudischen Weisen: …

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Rabbiner Joram Elijahu

gepostet auf 06.04.21

Zum Vers "In Hütten sollt ihr wohnen sieben Tage" (Lev. 23,42) erklärten die talmudischen Weisen: "Eine Festhütte, die mehr als zwanzig Ellen (=10m) hoch ist, ist unbrauchbar" (Beginn des Traktates Sukka). Und woher wissen sie das? "Raba entnimmt dies hieraus: In Hütten sollt ihr wohnen sieben Tage – die Tora sagt damit, dass man die ganzen sieben Tage seine permanente Wohnung verlasse und in einer provisorischen Wohnung wohne. Bis zwanzig Ellen errichtet man eine provisorische Wohnung, höher als zwanzig Ellen errichtet man keine provisorische Wohnung" (Sukka 2a). Beim Gebot von der Sukka heißt es: "In Hütten sollt ihr wohnen sieben Tage… Damit eure Geschlechter erfahren, dass ich die Kinder Israel in Hütten habe wohnen lassen, als ich sie aus dem Lande Ägypten heraus geführt" (Lev. 23,42-43). Dazu muss man verstehen, was es mit dieser Information auf sich hat, dass wir von dem Wohnen in den Hütten wissen sollen und was wir daraus lernen sollen, aus dieser zeitweiligen Wohnung. Und warum hat uns G~tt gerade beim Auszug aus Ägypten in dieser zeitweiligen Wohnung untergebracht? Wäre es denn nicht besser gewesen, uns nach all den Leiden und Qualen, die wir in Ägypten durchgemacht hatten, etwas schönere Behausungen zu gönnen?

Unser großer Lehrmeister, Rabbiner Awraham Jizchak Kuk (erster Oberrabbiner Israels) erklärte, dass eine höhere Absicht und eine große Lehre dahinter stehen: "Sie will lehren, damit wir wissen, dass das menschliche Leben wie ein Zelt eine zeitweilige Angelegenheit ist", und es kann schnell vorbei sein, "entweder in erhabene Höhen oder g~ttbehüte in tiefste Täler, dazu soll es uns lehren, unsere Wohnsitze zu verlassen und in Sukkot, in einem zeitweiligen Zelte zu sitzen, und darum ist die Pflicht der Sukka gerade als zeitweilige gestaltet, und wäre sie höher als zwanzig Ellen, wäre sie zum Lehren unbrauchbar, denn der Mensch ist nicht zum festen Wohnen in diese Welt gekommen, sondern nur für einen zeitweiligen Aufenthalt, darum ist es nur moralisch, von den überflüssigen Dingen dieser Welt abzulassen, da sie nicht zieldienlich sind" (Jareach Ha’eitanim S.287).

Rabbiner Kuk fährt fort, dass dies auch "die Absicht G~ttes war, die Israeliten beim Auszug aus Ägypten in Hütten unterzubringen, um schon bei ihrer Formation zu lehren, dass es nicht das Ziel sei, sich fest zu bestimmen, denn dann könnte der Mensch in seiner plastischen Vorstellung auf den Gedanken kommen, es gebe nicht mehr als eine Welt, und diese sei der Mittelpunkt des Lebens, und das Verweilen in einer zeitweiligen Behausung lehrt, dass du hier wirklich zeitweilig bist, und ein fester Platz dir in der kommenden Welt eingerichtet ist, und daraufhin musst du deine Taten und deine Ziele ausrichten". In diesem Zusammenhang erzählte unser großer Lehrer Rabbiner Zwi Jehuda Kuk die berühmte Geschichte vom Chafez Chajim (Rabbiner Israel Meir Hakohen aus Radin, so genannt nach seinem Werk über die Gesetze von der Vermeidung übler Nachrede), zu dem ein Gast aus dem Ausland zu Besuch kam. Dieser Gast, der von der Bedeutung des Chafez Chajim gehört hatte, war überzeugt, dieser große Rabbiner würde in einer repräsentativen Wohnung leben, und jetzt, wo er das Haus betrat, sah er die Einrichtung und fragte fassungslos: Wo haben Sie denn Ihre Möbel? Da fragte ihn der Chafez Chajim zurück: Und wo sind Ihre Möbel? Lächelte der Gast und sagte: Aber Sie wissen doch, dass ich nur ein Besucher hier im Land bin, meine Wohnung ist nicht hier, ich bin nur ein Gast. Erwiderte der Chafez Chajim: Wissen Sie denn nicht, dass auch ich hier (in dieser Welt) nur ein Gast bin, wozu brauche ich also Möbel? 

Zur Bestärkung dieser Auffassung erklärte Rabbiner Kuk weiter, "darum gebot G~tt unser Fest am heiligen Feiertag zur Zeit des Erntefestes zu feiern, denn dann ist es dem Meschen geboten, das Ende der diesseitigen Welt zu erwägen, denn gerade wenn er seinen Ernteertrag vor sich sieht, seinen Reichtum, könnte er meinen, darin bestünde das Ziel dieser Welt; darum macht uns unser König darauf aufmerksam, dass wir uns nicht irren in der Vergötterung von Silber und Gold – und nur mit guten Taten und Tora zur Hand wird man die Ewigkeit meistern" (Jareach Ha’eitanim S.291).

So lässt sich verstehen, warum die Sukka auch als Festungswerk gilt, als sicherer und geschützter Ort, obwohl sie doch so offen steht und nur zwei Seitenwände und ein kleines Stück der dritten ausreichen, sie koscher zu machen – wie kann so etwas als Bollwerk gegen jeden Feind und Angreifer gelten? "Vielmehr ist es G~ttes Wort, das ihre Seitenwände stärkt und festigt, und keine Waffe auf der Welt kann diese verstärkte Mauer aus dem Gesetzeswerk der Tora vom Worte G~ttes durchbrechen".

Die Sukka bedeutet demnach eine Lehre auf Generationen. "Im Gesetzeswerk der Tora besteht unsere Kraft, unsere Stärke, und sie stellt uns auf das Fundament (der Wahrheit und des Ziels des Lebens) und dadurch leben wir und bestehen auf ewig" (Moadej Hara’aja 95).

 
 

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