Israel und sein Volk (2)

Über die Bedeutung des Heiligen Landes in Hinblick auf die Tora haben sich unsere Weisen klar ausgedrückt ...

5 Min.

Rabbiner Zwi Jehuda

gepostet auf 06.04.21

Auszug aus der Schriftenreihe: „Sichot HaRav Zwi Jehuda“ – (Die Nummern in Klammern verweisen zu den Fußnoten am Ende
des Artikels.)

1. Das Land unseres Lebens

Das gesamte Wesen eines Juden benötigt die Luft des Heiligen Landes, da es sich vom Grundsatz her, nicht an die Luft des Auslands angepassen kann. Die Luft Israels verkörpert somit sowohl in seelischer und sogar in physischer Hinsicht unsere lebensnotwendige Luft. Die Berge verkörpern unsere Berge, die Hügel unsere Hügel, die Täler unsere Täler usw.
 
Das Bewusstsein und das Wissen um Israel – als Land unseres Lebens – muss gesteigert werden. Dies ist unser natürlicher Aufenthaltsort, sowohl in religiöser als auch in nationaler Hinsicht. Und wenn wir nicht hier sind, so sind wir weder gesund noch normal. Und ab und zu werden wir von Gott daran erinnert, dass wir uns außerhalb Israels auf fremder Erde befinden.
 
Über Eines muss sich jeder von vornherein klar sein:
 
Jeder Jude, wo immer er sich auch aufhalten möge, gehört nach Israel als seinem angestammten Ort. Im Ausland haben wir nur den Rang von Gästen. Zur Ausführung eines Gebotes darf man sich kurzfristig ins Ausland begeben, zwei, drei Jahre, aber die Zielrichtung unseres Lebens ist es, hier, also im Heiligen Land zu sein.
 
2. Das Land Israel wiegt alle Gebote auf
 
Über die Bedeutung der Erde des Heiligen Landes in Hinblick auf die Tora und ihrer Gebote, haben sich unsere Weisen mit unmissverständlicher Klarheit ausgedrückt – dass nämlich das Bewohnen des Landes Israels sämtliche Gebote der Tora aufwiege (Sifri Ekew Kap.11). Ist das nicht ungeheuerlich!? Natürlich ist dieser Ausspruch nicht als Annullierung der Gebote zu verstehen. Jedes Gebot ist als Detail aller 613 Gebote aufzufassen. Dagegen stellt das Gebot, das Land zu bewohnen, kein Detail dar, es ist vielmehr das allumfassende Gebot der Anwesenheit des gesamten jüdischen Volkes im Lande Israel. Die wahre Erfüllung der Tora kann nur in Israel stattfinden. Anderenorts dienen die Gebote nur als Gedächtnisstützen, damit wir nach unserer Rückkehr ins Land wissen, wie wir sie zu erfüllen haben (5).
 
3. Kurzfristiger Auslandsaufenthalt
 
Daher ist das Land Israel zu besiedeln und darf nicht verlassen werden; man darf sich ihm nicht entfremden, möge Gott uns davor bewahren. Ein kurzfristiger Aufenthalt im Ausland kann aber durchaus möglich sein. Und auch dies bedarf näherer Erläuterung. Der göttliche Geist ruht nämlich vor allem in Israel, entsprechend den Worten des "Kusari":
 
„Im [Lande] oder zu seinen Gunsten“ (6), d.h. in oder für Israel.
 
Dies trifft für die gesamte Tora zu: Entweder in Israel, oder im Zustand des Sehnens nach Israel; in Verbindung zu Israel und Empfangen von Israel. Wie es in der Gemara heißt:
 
„ … man hofft es [d.h. Israel] zu sehen“ (7) – in Sehnsucht, dem Lande Israel zugehörig zu sein.
 
So ist natürlich gar nicht an ein permanentes Verlassen des Landes zu denken. Für kurze Zeit jedoch, zum Beispiel als Abgesandter, ist dies ebenso wichtig wie richtig. Es ist in diesem Sinne zu Erziehungszwecken erlaubt, das Land temporär, auf ein, zwei Jahre zu verlassen, um auf eine Verwurzelung der Verbindung zu Israel im jüdischen Volk hinzuwirken.
 
In der Gemara finden wir diese Dinge genau spezifiziert. Im Allgemeinen ist das Verlassen verboten, aber unter vier Bedingungen ist der zeitlich begrenzte Auslandsaufenthalt erlaubt:

 

1. Zum Torastudium, wenn die Situation im Lande dies nicht zulässt. Als das Land öde und verwüstet war, hatte man keine andere Wahl als seinen Wissensdrang im Ausland zu befriedigen. Gott sei Dank ist die Lage heute anders! (8) Doch wie dem auch sei, ist es einem Juden zum studieren der Tora erlaubt, das Heilige Land für eine gewisse Dauer zu verlassen.

 

2. Zur Regelung des Familienlebens, also um einen Ehepartner zu finden. Doch heutzutage kann wohl davon ausgehen, dass jeder im Heiligen Land seinen "Schidduch" finden kann!
 
3. Für gesundheitliche Zwecke, wie Operationen usw. – Gott behüte – .
 
4. Für eine Reise an das Grab von einem Zaddik!
 
Halten wir also nun folgende Dinge fest:
 
Auf der einen Seite steht das wahrhaftige Bedürfnis, aus dem Lande des Lebens zu schöpfen, dem Lande unserer Väter, dem Heiligen Land. Dies ist die hauptsächliche, positive Seite. Die andere, negative und nicht geringer an Bedeutung einzustufende Seite ist, die Erkenntnis der Unmöglichkeit des permanenten Aufenthaltes auf – in jeder Hinsicht – fremder Erde.
 
Unter dem betäubenden Druck des Lebens gerät die eben erwähnte positive Seite, also das wahrhaftige Bedürfnis sich eine Existenz in Israel aufzubauen, in Vergessenheit. Dadurch vergessen wir sozusagen unsere wahre Identität, denn wenn Jerusalem in Vergessenheit gerät, dann stehen wir schlicht und ergreifend vor einem Problem. König David formulierte dies so:
 
„Sollt' ich dich jemals vergessen, – Jeruschalajim -, so versage meine Rechte!“ (Ps.137,5)
 
Anders gesagt bedeutet dies, dass Gott, der Herr der Welt sich nun aufgrund unserer Identitätsverleumdung der negativen Gründe Gebrauch macht, damit wir uns unserer Exilsituation bewusst werden … Nach dem Motto: "Wer nicht hören will, muss fühlen!"
 
Zusammenfassung:
 
1. Anstelle des bitteren Zustands des „in das Exil – Verliebt seins – “, hat die
Einsicht zu treten, dass Israel das Land unseres Lebens ist.
 
2. Das Land Israel wiegt alle Gebote auf, da es selbst ein allumfassendes Gebot darstellt, nämlich die Anwesenheit des Volkes Israel im Heiligen Land, was die wahre Erfüllung aller Gebote der Tora überhaupt erst ermöglicht, da diese im Ausland nur den Wert von Gedächtnisstützen haben. So kann es kein Verlassen des Landes geben, es sei denn auf kurze Zeit, um im Ausland Tora zu lernen, zu heiraten, sich operieren zu lassen – Gott behüte -, oder um das Grab von einem Zaddik zu besuchen. Demnach ist die Ausreise zur Belehrung und Anspornung anderer Juden, zur Einwanderung in das Heilige Land nicht nur erlaubt, sondern ein wertvolles Gebot.
 
Der Hauptgrund in der Erläuterung der Notwendigkeit der Einwanderung nach Israel muss das Verständnis des großen Wertes der Verbundenheit mit dem Lande des Lebens sein, aber jenen, denen die Lebensnotwendigkeit der Einwanderung ein fremder Gedanke ist, muss klar gemacht werden, dass das jüdische Volk im Ausland keine Existenzgrundlage hat und ständig den Gefahren der Assimilation und Verfolgungen ausgesetzt ist.
 
F U S S N O T E N:
 
(5) "Obwohl ich euch aus dem Lande in die Verbannung schicke, zeichnet euch durch die Gebote aus, damit sie euch nicht neu seien, wenn ihr zurückkehrt. Ein Gleichnis: Einst zürnte der König seiner Frau, und sie begab sich in das Haus ihres Vaters. Da sagte er zu ihr: Behalte deinen Schmuck an, damit er dir nicht ungewohnt sei, wenn du zurückkehrst. Ebenso sprach der Heilige, gelobt sei Er, zu Israel: Meine Kinder, zeichnet euch durch die Gebote aus, damit sie euch nicht neu seien, wenn ihr zurückkehrt; so sagte auch der Prophet Jirmijahu (31,20): Stelle dir Zeichen auf – dies sind die Gebote, durch die Israel sich auszeichnet". Midrasch Sifri, Ekew 11,18, ebenso Raschi und Nachmanides zu Deut. 11,18

 

(6) "Jedwede Prophezeiung fand entweder im oder für das Land statt" Kusari II,14

 

(7) "Aber von Zion wird gesagt: ein Mann und noch ein Mann ist darin geboren (Ps.87,5) – einerlei, ob man darin geboren ist, oder man es zu sehen hofft." Ketubot 75a

 

(8) Awoda Sara 13a, Toßafot "Lilmod"; Mischpat Kohen 147,2
 

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