Sich an seinem Anteil erfreuen

Hier lehrt uns unser Rabbi, dass ausnahmslos jeder von uns immer in Freude sein kann.

4 Min.

Rabbiner David Kraus

gepostet auf 05.04.21

Rabbi Nachman aus Breslev erzählt in seinem Buch: „Die Erzählungen Rabbi Nachmans“, eine weise machende Geschichte vom Klugen (einem cleveren Menschen, der aber ganz und gar nicht weise war, da es ihm am Glauben an Gott mangelte) und vom Einfältigen (einem einfachen, bescheidenen Menschen, der zwar nicht dumm, allerdings etwas schwer von Begriff war, eben schlichtweg etwas einfältig, der aber das Allerbeste besaß: Einen unbefangenen, puren Glauben an Gott) und wohin ihre unterschiedlichen Charaktereigenschaften sie gebracht haben.
 
In seinem Buch, „beGan haChochma“ (Im Garten der Weisheit) kommentiert und erklärt Rabbi Schalom Arusch mit seiner einzigartigen Art diese Geschichte vom Klugenund vom Einfältigen, die von Rabbi Nachman aus Breslev erzählt wurde. In diesem Buch geht es unter anderem darum, zu lernen, sich mit dem zufriedenzugeben, was man hatund sich an seinem Teil zu erfreuen, nach dem Beispiel des Einfältigen, der IMMER mit dem zufrieden war, was er hatte oder erreichen konnte.
 
Nun ein weitere Auszug aus dem Buch von Rabbi Schalom Arusch „beGan haChochma“ (Im Garten der Weisheit):
 
„Das Verhaltensmuster des Einfältigen war so geprägt, dass er sich stets in sehr großer Freude befand und immer nur mit Freude erfüllt war…“ (Aus „Die Geschichte über den Klugen und den Einfältigen“ von Rabbi Nachman aus Breslev)
 
Rabbi Schalom Aruschs Kommentar dazu:
 
Hier lehrt uns unser Rabbi, dass ausnahmslos jeder von uns immer in Freude sein kann. Denn die Freude ist nicht von äußeren Umständen abhängigsondern einzig und allein vom Glauben des Menschen, dass alles vom Ewigen und alles zum Guten ist. Das ist der Hauptgrundsatz, der es dem Menschen ermöglicht, sich an seinem Teil zu erfreuen. Und daher erzählt Rabbi Nachman über einen Menschen, der alle möglichen Mängel hat und sein Leben schwer und eingeschränkt ist – und er trotzdem stets in großer Freude ist, die ihn zum überfließen erfüllt.
 
Hätte der Rabbi von einem Menschen mit weniger Mängeln erzählt, dann wäre Raum geblieben für jemanden zu denken, dass seine Realität schwieriger als die des Einfältigen ist und er sich deswegen nicht freuen kann. Daher erzählt der Rabbi gerade von dem Einfältigen, der alle möglichen Mängel hatte, um keinen Raum für Irrtum übrig zu lassen – wenn der Einfältige sich erfreut hat, dann muss ausnahmslos jeder sich erfreuen können!
 
Man muss wissen, dass die Freude ein direktes Ergebnis von einem vollkommenen Glauben an den Schöpfer ist. Wer mit voller Überzeugung an Gott glaubt, der braucht keinerlei Bedingungen, um sich zu erfreuen, denn er ist in jeder Situation, die der Ewige vor  ihn stellt und in jeder Versuchung, die der Ewige in ihn hineinbringt und in jeder Art, wie der Ewige ihn führt – einfach in Freude.
 
Und wisse, dass „sich an seinem Teil zu erfreuen“ die richtige Definition für das Maß an Freude darstellt: Sich an seinem Teil zu erfreuen – an seinem ganzen Teil, welcher auch immer, auch der fehlende oder schwierige Teil, mit dem es nicht geht, und so weiter. Denn er weiß, dass auch die Mängel und die Schwierigkeiten in „seinem Teil“ mit eingeschlossen sind – zu seinen Gunsten und für seine Vollkommenheit und für seine Bestimmung!
 
Und das heißt, dass er vollkommenen Glauben an die persönliche Vorsehung Gottes hat, was bedeutet, dass der Ewige derjenige ist, der jedem Menschen seinen Anteil und sein Schicksal bestimmt. So wie der Ewige, gesegnet sei Er, weiß, dass nur – und einzig und allein – durch diese bestimmte Wirklichkeit mit all ihren Einzelheiten der Mensch das Allerbeste erreichen wird, also zu seiner Bestimmung kommen wird, für die er erschaffen wurde. Hieraus ergibt sich, dass, nur wer glaubt – nur der verdient es, sich wirklich an dem, was er hat, zu erfreuen.
 

>>Die ganze Wahl des Menschen besteht einzig darin – ob er das, was mit ihm geschieht, mit dem Glauben annimmt, dass der Ewige die Wirklichkeit bestimmt und dass hinter jedem Ereignisin seinem Leben eine Botschaft vom Ewigen für ihn steckt und dass gewiss alles zum Guten ist <<

Wenn der Mensch im Glauben lebt, dass alles unter Gottes präziser Vorsehung steht und dass die gesamte Absicht des Schöpfers ausschließlich darin besteht, ihm Gutes zu tun; ihn hin zu seiner Bestimmung und seinem Ziel zu weisen und er sich an jeder Realität, in die der Ewige ihn gesetzt hat, erfreut, dann lebt er tatsächlich in jedem Augenblick seines Lebens ausnahmslos das Gute aus, für das er erschaffen wurde, und er braucht nicht auf seine Bestimmung zu warten, die sich erst in der Zukunft zeigen wird, um sie dann verwirklichen zu können, sondern schon in dieser Welt lebt er ein gutes Leben, dass ähnlich der künftigen Welt ist, so wie unser heiliger Rabbi geschrieben hat: „Wenn ein Mensch weiß, dass alle seine Geschehnisse zu seinen Gunsten sind, dann ist dies entsprechend ähnlich der künftigen Welt, dem Paradies, also dem Garten Eden!(Rabbi Nachman aus Breslev, Sammelwerk seiner Lehren – „Likutej Moharan“, Band 1, Lektion 4) Das Gesagte sehen wir hier klar in dem Verhalten des heiligen Einfältigen, der stets in sehr großer Freude war, und es mangelte ihm an nichts.
 
Der Kluge dagegen kann sich niemals mit dem zufriedengeben, was er hat, weil er nicht daran glaubt, dass der Ewige derjenige ist, der den Menschen ihren Anteil bestimmt, und dass die ganze Wahl des Menschen einzig darin besteht – ob er das, was mit ihm geschieht, mit dem Glauben annimmt, dass der Ewige die Wirklichkeit bestimmt und dass hinter jedem Ereignis in seinem Leben eine Botschaft vom Ewigen zu ihm steckt und dass gewiss alles zum Guten ist – oder, Gott behüte – Gott ableugnet und sich irrt und denkt, dass er selbst derjenige ist, der die Wirklichkeit bestimmt, und alles nur von ihm selbst abhängig ist, was ihn wiederum jedes mal, wenn er Erfolg hat, mit Stolz erfüllt oder ihn jedes mal zum Zusammenbruch führt, wenn er Misserfolg erlebt.
 
Und er quält sich mit jeder kleinsten Sache, die nicht nach seinem Willen geht, und auch wenn er stolz auf seinen Erfolg ist, bleibt ihm ein bitteres Gefühl, dass das noch nicht ausreicht und so weiter. Und all das passiert ihm nur deswegen, weil er nicht den Glauben auslebt, dass alles unter der Vorsehung des Schöpfers steht und dass jede Sache, die Er tut, ihren Sinn hat, sei es, wenn man erfolgreich ist oder sei es, wenn man nicht erfolgreich ist.

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