Bitter Sweet Symphony

Gerne erinnern wir uns an die schönen Klänge der Schofar - ala Bitter Sweet Symphony - zurück …

3 Min.

Prof. Dr. Yizhak Ahren

gepostet auf 17.03.21

Die großen Feiertage liegen hinter uns, deshalb erinnern wir uns nun auch gerne an die schönen Klänge der Schofar, – ala BITTER SWEET SYMPHONY – zurück …
 
Nun gut, bitter sweet symphony – aber was signalisiert eigentlich ein Schofar ?

Posaune und Schofar sind zwei Blasinstrumente, die in der Bibel erwähnt sind. Einmal sogar beide im selben Vers:  „Mit Posaunen und Schofarruf wecket Huldigung vor Gott, dem König“  (Psalm 98,6). Verwechseln sollte man diese zwei Instrumente nicht: die Posaune wird aus Metall hergestellt (siehe Numeri 10,2) und der Schofar aus dem Horn eines Tieres. Wie man den Abbildungen der Tempelbeute auf dem Titusbogen in Rom entnehmen kann, waren die Silbertrompeten des         Heiligtums lang und schmal; hingegen ist jeder Schofar irgendwie gekrümmt.  Es ist verwunderlich, dass so kenntnisreiche Bibelübersetzer wie Moses Mendelssohn und Martin Buber das hebräische Wort „Schofar“ mit „ Posaune“ verdeutschen (z.B. Psalm 150,3).

Nicht nur im Aussehen und Klang unterscheiden sich die genannten Blasinstrumente. Es ist wichtig zu erkennen, dass jedes dieser Instrumente seine besondere Funktion hat. Samson Raphael Hirsch  stellt in seinen Psalmen-Kommentar fest: „Posaune ist das Instrument, Menschen zu Menschen, insbesondere auch Gott zu Hilfe und Beistand des Menschen herbeizurufen. Mit Schofar ruft Gott den Menschen und der Mensch im Namen Gottes sich und seine Mitmenschen zu Gott.“

Im jüdischen Gottesdienst wird auch heute noch auf  einem Schofar geblasen, und zwar in Erfüllung eines biblischen Gebotes (Numeri 29,1) am Neujahrstag, genannt Rosch haSchana. Der Schofar ist eines der bekanntesten Symbole des Judentums, und es ist daher kein Wunder, dass der Maler Marc Chagall, dessen Weltbild nach Ansicht von  Pfarrer Klaus Mayer das Weltbild der Bibel ist, immer wieder einen Schofar ins Bild gesetzt hat. Hingewiesen sei an dieser Stelle insbesondere auf Chagalls Radierungen zu Psalm 5, Psalm 18 und Psalm 150 sowie auf 4 seiner 5 Bilder zum Hohenlied, die man im Nationalmuseum der Biblischen Botschaft in Nizza bewundern kann.

Klaus Mayer, der einige Werke von Chagall meisterhaft interpretiert hat, schreibt: „Bei Marc Chagall ist der Schofar Symbol für Schalom: Gottes Segen, Frieden und Heil.“ Der Leser fragt sich: woher hat Mayer diese Deutung? Hat der Künstler sie dem Interpreten bei einem ihrer 56 persönlichen Begegnungen verraten? Stimmt es wirklich, dass der Schofar  Gottes Heil, Schalom signalisiert?

Die wohl populärste Deutung des Schofarblasens steht im berühmten Kodex von Moses Maimonides: „Obgleich das Schofarblasen eine Bestimmung der Schrift ist, so kann man dennoch eine Deutung für diese Vorschrift finden. Der Schofarton ruft uns gewissermaßen zu: Wachet auf, ihr Schlafenden, von eurem Schlaf, und ihr Schlummernden, erwacht von eurem Schlummer, untersuchet eure Taten, kehret in Teschuwa um, gedenket eures Schöpfers, ihr Menschen, die ihr ob der Nichtigkeit der Zeit die Wahrheit vergesset, ihr, die ihr während eures ganzen Lebens in die Irre gehet, durch Eitles und Nichtiges, das euch nichts nützt und euch nicht retten kann. Jeder von euch verlasse seinen bösen Lebenswandel und seine schlimmen Gedanken.“ Nach dieser klassischen Interpretation von Maimonides, die Rabbiner gerne und oft in Neujahrspredigten zitieren, sind die Schofartöne ein Aufruf zu Kurskorrekturen. Man soll die  (eigene) Wirklichkeit kritisch prüfen, um dann Änderungen vornehmen zu können.

Es ist durchaus möglich, die Schofarbläser in Chagalls Radierungen und Gemälden im Sinne von Maimonides als Hinweise auf die Möglichkeit und Notwendigkeit der Teschuwa ( Umkehr )  zu deuten. Als würde dem Betrachter der Chagall-Bilder zugerufen: Blicke genau auf Gott und die Welt und prüfe, was zu verbessern ist! Gotteslob und Teschuwa ergänzen einander im Leben frommer Juden. Der Schofar soll an die religiöse Aufgabe des Menschen erinnern.

Dass Außenstehende Schofartöne missverstehen können, verdeutlicht sehr schön eine im Jerusalemer Talmud überlieferte Begebenheit. Es wird berichtet, dass römische Besatzungssoldaten im Heiligen Land einmal den Schall des Schofar für ein Signal zum Aufstand gegen die Fremdherrschaft hielten; sie drangen in die Synagoge ein und richteten dort ein Blutbad an. Damit ein solcher schrecklicher Vorfall sich nicht wiederhole, haben die Gelehrten das Schofarblasen vom Beginn des Gottesdienstes auf seine zweite Hälfte verlegt – bis dahin dürften  sich die Soldaten vom friedlichen Charakter der Gebetsversammlung überzeugt haben. Die heute noch gültige zeitliche Verschiebung des Blasens erinnert Kenner der Liturgie an die unbestreitbare Tatsache, dass Schofartöne nicht eindeutig sind. Der Kontext ist zu berücksichtigen, wenn man das Signal richtig verstehen will.
 

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