Omer zählen

Doch sobald er das Feld wieder verließ, würden die Krähen zurück kommen. Ärgerlich baute er in der Mitte des Feldes eine Vogelscheuche auf ...

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Rabbiner David Kraus

gepostet auf 05.04.21

In einem Zeitabschnitt von 49 Tagen zählen wir das Omer bis zum Empfang der Thora.

„Durch das Omer, das ich heute gezählt habe, kann ich Reinheit, Segen und Heiligkeit bekommen von oben und es kann dazu führen, dass es sich auf alle Welten ausbreitet (Seder Sfirat HaOmer und Ende des Gebetes).
 
Am Ende jeder Nacht der Omer-Zeit bitten wir Gott, dass wir gereinigt und geheiligt werden. Wir glauben, dass unsere eigene Reinigung und Heiligung Auswirkungen auf die ganze Welt haben kann. Vor dem Versuch die oben genannten Prinzipien zu begreifen, muss aber erkannt werden, dass an Pessach das Volk Israel mit einer Nation von gerade befreiten Sklaven verglichen werden kann. Wir wurden nicht nur durch den Auszug aus Ägypten erlöst, wir durchleben es jedes Jahr erneut, so als ob wir selbst wieder von unseren Fesseln befreit werden. Während der langen Wintermonate vermindern wir unsere Wachsamkeit als Sklaven über unsere körperlichen Begehrlichkeiten. An Pessach führen wir einen Prozess der körperlichen Reinigung durch, indem wir kein Chametz zu uns nehmen und bereiten uns so auf eine spirituelle Reinigung unsrer Herzen vor,  damit wir die Thora in Freiheit empfangen können. Die Teschuwa, die reumütige Rückkehr, reinigt unsere Herzen von allem Bösen. Die wahre Freiheit, die Freiheit von sozialem Druck und körperlichen Trieben, kommt nur durch die Thora. Deshalb, auch wenn wir uns von den Ketten der Knechtschaft befreit haben, richtig frei sind wir erst, wenn uns die Thora 50 Tage später an Schawuot übergeben wurde (= Matan Thora). In der Zwischenzeit, den 49 Tagen zählen wir Omer und bereiten uns auf den Empfang der Thora vor. Rabbi Nathan aus Breslev sagt, dass wenn jemand während dieser Tage eine besondere Eigenschaft erhält, diese eine Eigenschaft ist, die auf den Erhalt der Thora hindeuten (siehe Traktat Avot 6:06).
 
Am 49. Tag spielen unsere Gebete die Hauptrolle. Wir machen Teschuwa und rezitieren der Tehillim (Psalmen), damit können wir die Tore des Himmels öffnen. Deswegen sagt Rabbi Nathan, dass es sehr wichtig wäre, während dieser 49 Tage jeden Tag Tehillim zu lesen. Rabbi Nathan erklärt diese Methode, Tehillim und Teschuwa zu verwenden, als eine Reinigung der Seele, die  während den Omer-Tagen vor sich geht. Er erklärt es in folgendem Gleichnis, das uns – mit der Gnade Gottes – erleuchten wird:
 
Jaschka, der Bauer, arbeitete sehr hart auf seinem Feld, um es für die Frühjahrsaussaat von Mais vorzubereiten. Seine Hände waren vernarbt und blutig von dem Pflug, und er spürte die schmerzenden Muskeln nach getaner Arbeit. Als er das Feld endlich für die Aussaat vorbereitet hatte, begann er liebevoll jedes Korn so in die Erde zu setzen, als wäre jedes ein Juwel. Danach betete Jaschka um eine starke Keimung und genügend Regen für das Wachstum der Pflanzen.

Beim Ansehen der Furchen empfand Jaschka eine große Befriedigung, denn er sah vor sich schon die dicken Maispflanzen. Er freute sich auf eine Rekordernte. Seine Freude war aber nur von kurzer Dauer, denn die Krähen kamen. Jaschka sah, wie die schwarzen Vögel sich auf das Feld stürzten und lief ins Haus, um einen alten Sack und eine Mistgabel zu holen, die Vögel damit zu verjagen. Doch sobald er das Feld wieder verließ, würden die Krähen zurück kommen. Ärgerlich baute er in der Mitte des Feldes eine Vogelscheuche auf. Sie würde die Krähen für ein oder zwei Tage verjagen, aber bald hätten die Vögel erkannt, dass es nur ein mit Stroh gefüllter Sack sei und dann wiederkommen. Da sein Maisfeld dem Wind ausgesetzt war, schnitzte Jaschka eine Holzflöte und steckte sie der Vogelscheuche in den Mund. Wenn der Wind bläst, dann ertönt jedes Mal ein Laut aus der Vogelscheuche. So schaffte er es, die Krähen zu verjagen. Diesmal hatte Jaschka die Vögel überlistet und konnte so eine schöne goldene Maisernte einfahren.

Die Zeit zwischen Aussaat und Ernte entsprechen dem Omerzählen. Für Jaschka war die Ernte des Mais das, was für das jüdische Volk die Thora ist. Die Krähen sind ein Symbol für die Versuchungen und körperliche Begierden, die wir besiegen müssen, um an Schawuot die Thora empfangen zu können. Oft fühlen wir uns wie eine Vogelscheuche – ohne geistige Vitalität. Durch das Rezitieren von Tehillim machen wir uns geistig lebendig und können so die Versuchungen überwinden. Die Tehillim sind wie die Flöte, die es uns ermöglicht, richtig Teschuwa zu machen, damit wir auch die Thora erhalten können. Mittels der Tehillim können wir Teschuwa machen, und mit Hilfe der Teschuwa bringen wir die Thora in die Welt und geben so geistige und materielle Fülle an alle Menschen weiter. Nur wenn wir die Thora empfangen, können wir wirklich frei werden, denn nur durch sie können wir frei sein (Awot 6:2).
 
Möge im Mai dieses Jahres die wahre Erlösung für unser Volk kommen. Amen

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