Sei kein Egoist!

Tiefmystische Konzepte beschreiben den Eintritt vier Zadikim in den Pardes. Das Ergebnis: einer wandte sich vom Judentum völlig ab, der andere trug geistige Schäden davon ...

3 Min.

Rabbiner Benjamin Sufiev

gepostet auf 05.04.21

Unser Wochenabschnitt öffnet mit dem tragischen Tod der zwei Söhne Ahrons, Nadaw und Awijhu, welche vor Gott ein »fremdes«Opfer dargebracht hatten, und deshalb starben.

Unseren Gelehrten zufolge waren Nadaw und Awijhu sehr große Zadikim, welcheeine sehr hohe, geistige Stufe erreicht hatten, bis sogar Mosche seinen Bruder Ahron mit den Worten tröstete: „Ich erkenne,dass sie größer waren, als du und ich.
 
Laut der Chassidutlehre bestand ihr Vergehen darin, dass Nadaw und Awijhu eine zu große Nähe zu Gott  erlangten, und ihr irdischer Körper diese Gottesgegenwart nicht ertrug. Durch ihr Handeln übertraten sie den Willen Gottes, Der doch ausgerechnet die Seele in unserer Welt haben will, damit sie mit dem irdischen Körper die Welt mittels der Mitzwot heilige.
 
Die Söhne Ahrons symbolisieren eine Hingabe zu Gott, welche in den Augen des Ewigen nicht wohlgefällig ist. Obwohl sie sich nach der Nähe Gottes so sehr sehnten und sogar bereit warendafür zu sterben – doch wenn dieses Streben gegen den Sinn des Menschen auf Erden stößt, gilt diese Absicht als ein klares Vergehen!
 
Tiefmystische Konzepte
 
Der Talmud erzählt von vier großen Zadikim, die den Pardes betraten. Für drei von ihnen hatte dieses Betreten ein tragisches Ende (einer wandte sich vom Judentum völlig ab, der andere trug geistige Schäden davon, und der dritte starb). Die Betretung des Pardes ist der Versuch auf hohe geistige Ebenen zu steigen und dadurch in eine unvorstellbare Gottesnähe zu treten. Es handelt sich hierbei um eine Wahrnehmung der göttlichen Gegenwart durch das Erforschen tiefmystischer Konzepte.
 
Ben-Asaj, der bei diesem Versuch starb, erlitt dasselbe Schicksal, wie die Söhne Ahrons. Bei seiner großen Sehnsucht Gott wahrzunehmen, überschritt er seine eigenen Grenzen und starb.
 
Der gelungene Eintritt
 
Der vierte aber, Rabbi Akiwa, so erzählt der Talmud, „betrat den Pardes in Frieden und verließ ihn in Frieden“.
 
„Der Eintritt in den Pardes in Frieden“,  erwähnt der Talmud nur bei Rabbi Akiwa (obwohl eigentlich bei allen vier der Fall), um uns folgendes zu deuten: Der Eintritt in den Pardes ist es, welcher den Ausgang entscheidet. Als Rabbi Akiwa den Pardes betrat, tat er dies nur aus einem einzigen Grund – den Willen Gottes zu erfüllen! Und da dies seine entschlossene Absicht beim Eintritt in die geistigen Ebenen war, wusste er, als es darauf ankam, welche Barrieren er nicht überschreitendurfte. Fürihn warderWille Gottes entscheidend, und deshalb widerstand er jeglicher Versuchung einer bereits „riskanten“ Gottesnähe. Er verzichtete auf die Sättigung seiner großen Sehnsucht, und gab sich selbstlos dem Willen Gottes hin. Nicht so die anderen drei. Obwohl doch nur Gott- es Nähe suchend, taten sie dies auf Kosten ihrer Aufgabe auf Erden.
 
Kein »Ich«
 
Aber es gibt eine noch höhere Stufe von Hingabe und Selbstlosigkeit zu Gott, und zwar die unseres Erzvaters Awraham.
 
Rabbi Akiwa strebte nur nach dem göttlichen Willen, doch eine »Begierde« brennte in ihm, nämlich die »Heiligung Seines göttlichen Namens in unserer Welt«. Und dafür war er sogar bereit zu sterben. Von den Römern für seinen Glauben zu Tode gefoltert, sprach er zu seinen Schülern mit seinen letzten Atemzügen: „Mein ganzes Leben quälte ich mich, wann dieser Moment doch endlich komme, und ich Seinen Namen in aller Welt heiligen könne!“
 
Doch Awraham strebte auch nicht danach. Ihn interessierten keine Privilegien und Verdienste. Sein Leben war der Eine Gott, und diese Botschaft wollte er allen Menschen auf Erden verkünden. Wenn dies Selbstaufopferung bedeutete, war er dazu bereit; aber nur weil die Lage es forderte und nicht dem Streben nach Überwindung dieser großen Prüfung wegen.
 
Die Lebensauffassung Awrahams kann uns eine Lehre sein. Gott fordert von dem Juden nicht wortwörtliche Selbstaufopferung. Aberes soll ihm bewusst sein, aus welchem Grund er Gottes Wille erfüllt. Nicht des Verdienstes wegen und nicht einmal um Gott näher zu stehen, sondern einzig und allein, weil dies Sein Wille ist!

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