Angesicht
Unser Wochenabschnitt Wajelech wird in den meisten Jahren am „Schabbat Schuwa“ (Schabbat zwischen Rosch Haschana und Jom Kippur) rezitiert.
Unser Wochenabschnitt Wajelech wird in den meisten Jahren am „Schabbat Schuwa“ (Schabbat zwischen Rosch Haschana und Jom Kippur) rezitiert. Da es doch keine Zufälle gibt, muss es einen Zusammenhang zwischen dem Wochenabschnitt und der Tschuwa geben.
Tatsächlich erzählt unser Wochenabschnitt, was auf das jüdische Volk zukommen würde, wenn es dem Weg G´ttes den Rücken kehre. Damit beabsichtigt die Thora die jüdischen Herzen aufzurütteln, die Gebote zu erfüllen.
Das ist eine Möglichkeit, Tschuwa zutun. Doch es gibt auch eine zweite. Bekanntlich gibt es einen Unterschied zwischen der Tschuwa im Laufe des gesamten Jahres und der Tschuwa am Schabbat Schuwa. Während die Tschuwa sonst aus Kummer und einem gebrochenen Herzen erfolgt, wird an diesem Schabbat die Tschuwa mit Freude begleitet.
Nicht echt
Auch diese Art der Tschuwa wird in unserem Wochenabschnitt angedeutet.
So sagt der Vers: „Mein Zorn wird erglühen und Ich werde sie verlassen und Mein Angesicht vor ihnen ver- bergen. G´tt droht mit zweierlei: Wenn das jüdische Volk von dem Weg der Thora abweicht, wird G´tt uns verlassen und Seinen Schutz von uns nehmen. Ohne dem Schutz G´ttes wird das jüdische Volk von viel Unglück heimgesucht werden. Doch außer der Not des Volkes an sich, wird G´tt auch sein Angesicht vor uns verbergen und unser Wehklagen nicht hören.
Doch diese Verse näher betrachtet, verbirgt sich auch in diesen zornigen Drohungen die endlos große Liebe G´ttes zu uns. Der Ewige sagt uns nicht, dass Er unser Leid und Wehklagen nicht hör- en und sehen wird, weil Er Seine Ohren und Augen verschließt. Er verbirgt „nur“ Sein Angesicht vor uns, d.h. er gibt uns das Gefühl, dass wir alleine sind und Er unser Leid nicht wahr nimmt, doch tatsächlich kehrt G´tt uns niemals den Rücken, wie Raschi kommentiert: „Als ob Ich ihr Leid nicht sehe.“
G´tt leidet mit
Die Verbergung des Angesichts ist nicht echt, sondern nur ein Anschein. Der Ewige sagt, dass Er uns das Gefühl des Alleinseins gibt, um das jüdische Volk aufzurütteln Tschuwa zu tun.
Dies ähnelt einem Vater, der sich vor seinem aufsässigen Sohn versteckt, um in ihm das Gefühl des Verlassenseins zu erwecken, damit er ihn beginne wieder aufzusuchen.
G´tt selbst sieht, hört und fühlt nicht nur unser Leid, sondern leidet sogar mit, wie im Prophetenbuch Jeschaja geschrieben steht: „Bei all ihrer Bedrängnis war Ihm (G´tt) leid.“ Wenn das jüdische Volk leidet, leidet G´tt mit ihm und wartet sehnsüchtig, dass die Juden zu Ihm zurückkehren.
Aus Freude
Dies betont und drückt die endlos große Liebe G´ttes zum jüdischen Volk aus, denn sogar wenn die Juden gegen G´tt sündigen und Ihm im wahrsten Sinne des Wortes den Rücken kehren, wendet G´tt in keinem Moment Sein Angesicht von uns ab und fühlt unser Leid mit. Auch wenn er sich vor uns „versteckt“ – auch das nur um uns zur Tschuwa zu bewegen –, ist sein Angesicht nicht in Wirklichkeit verborgen, und G´tt sieht weiterhin unser Leid und hört weiterhin unser Wehklagen. Er wartet nur sehnlichst auf unsere Tschuwa!
Diese Erkenntnis muss uns auch in Zeiten der Not mit Freude erwecken, und dann wird auch die Tschuwa aus Freude begangen. Und durch die Tschuwa wird uns G´tt Sein barmherziges Angesicht zeigen, uns liebevoll aufnehmen und uns mit allen Segen aus Seiner breiten, offenen, und vollen Hand überschütten.
„Auch wenn sich G´tt vor uns versteckt, verlässt Er uns niemals; Er sieht und hört uns ständig!“
Aus den Lubawitscher Rebben L. Sichot B. 34, S. 194
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