Wie definierst Du Erfolg?
Was bedeutet Erfolg? Etwa ein Doktortitel? Oder ein erfolgreich abgeschlossenes Universitätsstudium? Oder vielleicht eine Platin-Kreditkarte? ...
Wie definierst Du Erfolg?
Rabbi Nachman aus Breslev ging einst in Form einer Geschichte auf die gerade an dich gerichtete Frage ein:
Ein Mann hatte einmal vor, mehrere Fässer zu füllen; und deshalb stellte er dafür mehrere Arbeiter ein, die diese Arbeit verrichten sollten. Allerdings waren die Fässer voller Löcher, sodass ständig alles was sie hinein füllten wieder auslief. Einige der närrischen Arbeiter sagten daher:
„Kommt, hören wir auf damit, denn das hat nämlich keinen Sinn! Weshalb sollten wir so hart schuften, wenn am Ende sowieso alles nur ausläuft!”
So gesagt – so getan.
Die meisten der Arbeiter waren allesamt gleicher Meinung und deshalb stellten sie also ihre Arbeit umgehend ein. Alle, bis auf die etwas klügeren unter ihnen, die sagten:
„Was kümmert es mich, dass die Fässer am Ende leer sind und die Flüssigkeiten verloren gehen!? Ich werde für meine Arbeitsstunden bezahlt und deshalb spielt es keine Rolle was am Ende dabei heraus kommt. Mein Gehalt beläuft sich auf X, auch dann wenn die Fässer leer bleiben.“
In der Regel bevorzugen es die meisten aller berufstätigen Menschen, einen festen und geregelten Arbeitsvertrag in der Tasche zu haben, anstatt nur ein Stundenlohnempfänger zu sein. Bestärkt wird das Gesagte beispielsweise durch die weitverbreitete umgangssprachliche Redewendung:
„Lass mich meine Arbeit erledigen und heimgehen!“
Doch trotz der Tatsache, dass sehr viele Menschen einer festen Anstellung nachkommen, kann jeder von uns bezeugen, wie viele von ihnen alle paar Minuten auf die Uhr schielen und sich nach dem Moment sehnen, endlich nach Hause fahren zu können …
In unserer heutigen Gesellschaft möchte jeder von uns gern kreativ wirken. Doch im Bezug auf eine Stundenlohnabrechnung hört es bei den meisten mit der Kreativität wieder auf! Darüber hinaus werden jene, die ein von der Uhr bestimmtes Leben führen, von der Gesellschaft als gering bzw. minderwertig eingestuft, so wie ein Maulwurf, der nicht vermag über den Rand seines Hügels zu blicken.
Was würdest du tun, wenn dir jemand 100 Euro die Stunde dafür bieten würde, um die Fässer in Rabbi Nachmans seltsamer Fabrik zu füllen?
Wärst du wirklich dazu bereit, den lieben langen Tag die Fässer ohne irgendeinen ersichtlichen Grund zu füllen?
Was wären deine Gedankengänge nach solch einem – vielleicht in deine Augen unmoralischen – Angebot!?
Würde dir vielleicht der Gedanke in Kopf schießen, dass man diese Ineffizienz und die Verschwendung von Vermögenswerten umgehend dem Management melden sollte!
Was die Arbeiter dieser merkwürdigen Fabrik Rabbi Nachmans betrifft, bleibt in deinen Augen vielleicht auch nur Spott und Hohn, da sie sich ja um nichts kümmern müssen und einfach nur so ihrer sinnlosen Arbeit nachgehen?
Und über dieses armselige Management dieser Unternehmung würdest du dich vielleicht auch wohl nur lustig machen?
Mit nur einigen wenigen Worten wandelt Rabbi Nachman unsere üblichen Anschauungen dazu ins Gegenteil um.
Denjenigen, den wir geringschätzen und “kleingeistig” nennen, ist in Wahrheit der “weise Mann”.
Und diejenigen, die wir als vernünftig einstufen, da sie sich ja regelrecht weigern irgendeine Arbeit nachzukommen, ohne dass sich daraus ein ersichtliches Resultat ihrer Bemühungen ergibt, sind in Wahrheit Narren.
Erfolg
Auf einem Intercity-Flug saß ich einmal neben zwei CEOs großer Firmen die davon besessen waren, den anderen damit zu beeindrucken, wer von ihnen das größere Haus, das größere Einkommen, das bessere Auto und die besten Kreditbedingungen hätte.
Wie definierst Du Erfolg?
Etwa durch einen Doktortitel? Oder durch ein erfolgreich abgeschlossenes Universitätsstudium? Oder vielleicht durch eine Platin-Kreditkarte? Oder bereits durch eine simple Reise nach Burma, in die USA, usw.!?
In unserer heutigen Realität scheint es so, als ob man alles wissen muss, um als erfolgreich angesehen zu werden, z.B. in der Kommunikation, Unterhaltung, im Recht, in Sicherheitsfragen, der Wirtschaft, Mathematik, Politik, usw. usf.!
Man muss beweisen, wie hoch man die Status- und Anerkennungsleiter erklommen hat. In der Öffentlichkeit sind wir bis oben hin damit angefüllt. Doch wenn wir alleine sind – wirklich alleine -, wenn es also niemanden zu beindrucken gilt, fühlen wir uns dann nicht leer und unerfüllt?
Es gibt eine alte Geschichte, die das Gesagte wunderbar unterstreicht! Die Geschichte handelt über einem Mann, der Weisheit erringen wollte. Er verbrachte Jahre damit, einen berühmten, weisen Mann zu finden und zu ihm zu reisen, der damals fast auf jeden Punkt der Erde wegen seiner großen Weisheit überaus verehrt wurde.
Als er ihn dann endlich gefunden hatte, wollte er ihm natürlich sofort von seinem Wunsch erzählen, nämlich die wahre Weisheit zu erringen!
Doch bevor er ihm seinen Wunsch mitteilen konnte, schenkte ihm sein Gastgeber eine Tasse Tee ein. Und er goss und goss, solange bis die Tasse überlief, sodass der Tee über den ganzen Tisch floss …
„Was machen Sie? Sehen Sie denn nicht, dass die Tasse bereits voll ist und dass man nichts mehr hineinfüllen kann!?”, rief der Weisheit suchende Mann.
Der weise Mann erwiderte daraufhin:
„Ja mein Sohn, du beschreibst Deine Situation perfekt! Du bist so selbstzufrieden und von dir selbst überzeugt, dass kein Platz mehr für neue Weisheit und neues Wissen vorhanden ist. Wenn du wirklich wünschen würdest weise zu werden, müsstest du erst einmal die Tasse leeren …!”
Rabbi Nachman erzählt uns von einer Fabrik. Aber es ist keine Fabrik in der es gilt Fässer zu füllen oder zu entleeren; es ist vielmehr eine Fabrik für uns Menschen!
Obwohl die Fässer leer bleiben, werden die Menschen angefüllt! Der Produktionsleiter würde sich – gelinde gesagt – nicht darüber wundern, wenn sie sich über seine Benutzung beschweren würden.
Die „Fässer“ haben absichtlich Löcher! Es sind nicht die Bedingungen, die sich ändern müssen: Wir müssen uns ändern.
Wir wollen in allem, das wir tun, erfolgreich sein – das ist sozusagen selbstverständlich. Und wenn wir versagen, tendieren wir dazu aufzugeben – das ist daher entsprechend auch selbstverständlich. Aber wenn wir uns weigern aufzugeben, dann entwickeln wir Charakterstärke, Selbstaufopferung und eine großartige Einstellung.
Rabbi Nachman empfiehlt uns daher:
„Lerne leer zu sein! Gibt nicht vor, ein erfülltes Leben zu besitzen. Wenn Du wirklich leer bist, wenn alles aus den Fässern ausgegossen ist, dann erst, wirst du in der Lage sein, dich selbst mit etwas Positiven zu füllen.”
Rabbi Nachman fordert uns alle also dazu auf, unsere innere Seite zu erkennen und ausschließlich auf sie Wert zu legen, und nicht etwa nach außen hin den Edlen und Allwissenden zu markieren. Denn sobald ein Mensch beginnt sich mit seinem Inneren auseinander zu setzen, erhält er dafür den „Lohn“ für diese Bemühungen, also bereits den Lohn für den guten Willen und nicht etwa nur für die sich am Ende ergebenen Resultate.
Unsere innere Welt wird nicht danach bewertet wie viele Fässer wir aufgefüllt haben! Hier zählt die Selbstaufopferung und Hingabe, die wir bei dem Versuch die Fässer zu füllen an den Tag legten.
Stell dir bitte vor, wir erziehen unsere Kinder in diesem Sinne. Wir loben sie für die Bemühung, die sie investiert haben, um ihr Ziel zu erreichen, während wir uns nicht für die Resultate interessierten! Dadurch würden wir niemals Gefahr laufen von ihnen zu verlangen, dass sie klüger, erfolgreicher oder talentierter sein müssten. Wir würden das einzige was wirklich zählt bewundern – nämlich ihren ernsthaften Willen, gut zu sein.
Die Kinder wären dadurch unbeschreiblich glücklich! Sie hätten Selbstvertrauen und den Glauben an sich selbst gewonnen. Sie wären kreativ und könnten ihren Lebensweg frei wählen, in dem ihnen angemessenen Tempo und nach ihren eigenen Möglichkeiten.
Stell dir vor, wir würden uns selbst in dieser Weise ausbilden. Wir würden uns nicht Tag für Tag selbst geißeln, weil wir nicht so klug sind wie X oder so attraktiv wie Y oder so reich wie Z. Was wäre, wenn wir nie etwas von der weiten Welt sähen, wenn wir nie den Rang eines Kapitäns erreichten, nie einen Titel erhielten? Obwohl unser Kreditrahmen gering ist, können wir immer noch glücklich sein, weil wir unser Bestes tun. Wir konkurrieren mit niemandem. Wir sind zufrieden mit dem was wir haben, und das macht uns glücklich.
„Wenn du wirklich leer bist, wenn also alles aus den Fässern (die dein Ego verkörpern) ausgegossen ist, dann wirst du dich selbst und deine Kinder – sowie alles andere um dich herum – mit etwas wahrhaft Positivem auffüllen können!”
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