Lagerfeuer

Wer in diesen Tagen auf den Straßen Israels sehr viele Juden mit Holz unter dem Arm herumlaufen sieht, könnte fast meinen,...

3 Min.

Miriam Woelke

gepostet auf 06.04.21

Wer in diesen Tagen auf den Straßen Israels sehr viele Juden mit Holz unter dem Arm herumlaufen sieht, könnte fast meinen, dass die Winterzeit zurückkehrt und geheizt werden muss. Aber das Gegenteil ist der Fall.

In Israel beginnt bzw. ist bereits Sommer und das gesammelte Holz dient daher keineswegs der Wärmeerbringung. Alle sammeln ganz fleißig, da es für den anstehenden Feiertag Lag BaOmer benötigt wird.

In ganz Israel wird der Tag ganz groß mit riesigen Lagerfeuern gefeiert. Alle Juden lieben dieses Fest und deshalb sieht man in Jerusalem an der Klagemauer (Kotel) oder in anderen Stadtteilen, sowie in religiösen Siedlungen aber auch in Tel Aviv die ergreifende Feststimmung mit den dazu gehörenden Lagerfeiern. Die berühmtesten und spektakulärsten Feiern finden allerdings im Norden Israels statt (in dem kleinen Ort Meron bei Safed).

Denn Lag BaOmer ist der 33. Tag nach Pessach und verkörpert zugleich den Todesgedenktag (Jahrzeit) des berühmten talmudischen wie kabbalistischen Rabbi Schimon bar Jochai. Rabbi Schimon bar Jochai war der Schüler des berühmten Rabbi Akiva; und genau wie sein Lehrer, wurde auch Rabbi Schimon bar Jochai von den Römern verfolgt. Seine legendäre Flucht wird genauestens in der Gemara (im Talmud Traktat Schabbat 33b) beschrieben.

Da die Römer ein Todesurteil über ihn gefällt hatten, flüchtete Rabbi Schimon bar Jochai zusammen mit seinem Sohn Rabbi Elazar in den Norden. Dort verbrachten die beiden dann zwölf Jahre in einer Höhle. Da sie die Höhle nie verließen, hatten sie weder Nahrung noch sonstige Dinge die man zum überleben benötigt. Allerdings geschah ihnen ein Wunder und ein Carob Baum begann in der Höhle zu wachsen und auch eine Quelle mit Wasser begann zu sprudeln. In dieser Höhle verbrachten sie den Tag mit Thoradiskussionen und vor allem der Ergründung der mystischen Bedeutung der Thora.

Rabbi Schimon bar Jochais Ausführungen darüber wurden später im kabbalistischen Buch ZOHAR zusammengefasst, welches die Wurzel der Mystik des Judentums, also der Kabbala verkörpert.

Nachdem Rabbi Schimon und sein Sohn Rabbi Elazar zwölf Jahre lang in der Höhle gelebt hatten, erschien ihnen Eliah der Prophet (Eliyahu HaNavi) und informierte die beiden, dass der römische Prokurator gestorben war und das Todesurteil des Rabbi Schimon somit nicht mehr existiert. Daraufhin verließen Vater und Sohn die Höhle.

 
Die Geschichte geht noch weiter, dass beide, da sie mit der Außenwelt nicht mehr richtig kommunizieren konnten, weil sie durch ihr Leben in der Höhle auf einem zu hohen spirituellen Level waren, für weitere zwölf Monate in die Höhle zurückgesandt wurden und erst dann wirklich heraus kamen.

 

Rabbi Schimon, sowie sein Sohn werden etliche Male im Talmud erwähnt. So heißt es beispielsweise für jene die darum beten gute Kinder zu bekommen, dass sie in ihren Gebeten darum bitten sollten Kinder zu bekommen, die so weise und gerecht sein werden wie – Rabbi Schimon bar Jochai -.

 

Der große Rabbi liegt im kleinen Ort Meron in Nordisrael begraben.
 
In Israel ist es Tradition Gräber berühmter Rabbiner wie das von Rabbi Schimon bar Jochai zu besuchen. So z.B. auch das Grab von Rabbi Nachman aus Breslev in der ukrainischen Stadt Uman, oder die Gräber des Rambam (Maimonides), Rabbi Moshe Chaim Luzzatto (des RAMCHAL), Rabbi Akiva und Rabbi Meir Baal HaNes welche sich alle Samt in Tiberias befinden sowie viele, viele mehr.
 
Ich selbst war schon einige Male am Grab von Rabbi Schimon bar Jochai und war immer wieder aufs Neue von der dort herrschenden Atmosphäre beeindruckt.
Was hat nun Lag BaOmer für eine Bedeutung?

 

Zuerst einmal war der Tag das Ende der Plage, die über die Schüler von Rabbi Akiva hereingebrochen war. Wir erinnern uns, dass in der Zeit von Pessach bis zum 33. Tag danach (Lag BaOmer) 24.000 Schüler des Rabbi Akivas starben (siehe Talmud Traktat Yevamot 62b). Gott hatte sie damals bestraft, weil sie unfähig waren miteinander in Liebe und gegenseitigen Respekt sowie ohne schlecht über jeden einzelnen zu reden auszukommen.

 

Des Weiteren ehren wir Rabbi Schimon bar Jochai an diesem Lag BaOmer, da dies – wie bereits gesagt – sein Todestag (Jahrzeit) ist. Die riesigen Lagerfeuer, welche überall im Land gezündet werden, sind ein Brauch und viele sehen in ihnen kabbalistische Bedeutung. Zumindest kommt eine großartige Stimmung auf, das muss ich zugeben. Um die Feuer werden getanzt und meistens das Lied von Rabbi Schimon gesungen.

Zum Gedenken an Rabbi Schimon bar Jochai pilgern mehrere hunderttausend Menschen an sein Grab nach Meron, um dort Lag BaOmer mit dem Rabbi zu feiern. In Meron selbst herrscht eine unbeschreibliche Stimmung; etliche Wohnwagen rollen an und noch mehr schlafen in der wunderschönen Berglandschaft des Nordens Israels in Zelten.

 
Die Szenerie wirkt wie ein gewaltiges Picknick einer richtig großen Familie, in der jeder jeden liebt.
 
Ein ganz berühmter Brauch für sehr viele Juden ist, den Söhnen, die vor Lag BaOmer drei Jahre alt geworden sind, zum ersten Mal im Leben die Haare zu schneiden (Chalake). Diesem Brauch geht daher logischerweise ein weiterer hervor, der besagt, dass man einem Sohn bis zu seinem dritten Lebensjahr seine Haare nicht abschneidet.

Wie dem auch sei, ich freue mich schon sehr auf Lag BaOmer und vor allem auf die Feuer, welche die ganze Nacht durch brennen werden. Aufgrund dessen herrscht schlicht und ergreifend eine unbeschreibliche Atmosphäre in ganz Israel.

 

In diesem Sinne wünsche ich euch allen einen faszinierend schönen Lag BaOmer.
 
 

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