Im Himmel?
In den letzten Tagen vor seinem Ableben, weist Mosche die Kinder Israels zurecht, immer in den Wegen G´ttes zu wandeln. Dabei verkündet er ihnen:
In den letzten Tagen vor seinem Ableben, weist Mosche die Kinder Israels zurecht, immer in den Wegen G´ttes zu wandeln. Dabei verkündet er ihnen: „Dieses Gebot, das Ich dir heute kundtue, nicht verborgen und fern ist es. Nicht im Himmel befindet es sich, das du sprechest, wer steigt für uns in den Himmel hinauf . . . und nicht jenseits des Meeres.“ Mosche legt demjüdischen Volk zu Herzen, dass jeder Jude in den Wegen G´ttes wandeln kann.
Es gibt Stellen, an denen die Thora von abstrakten, übertriebenen Ausdrücken Gebrauch macht, wie bei der Schilder- ung der Kundschafter über das Heilige Land: „Städte, groß und befestigt bis in den Himmel“ (darauf kommentiert Raschi: „die Thora schreibt hier auf übertriebene Weise“).
In unseren Versen beabsichtigt die Thora nicht zu übertreiben. Inwiefern also ist zu verstehen, dass die Thora nicht im „Himmel“ist – hätten wir denn gedacht, dass sie tatsächlich dort wäre?
Im Exil
Jene Verse folgen den Versen zu Beginn unseres Wochenabschnitts, in
denen uns die Thora von dem Exil des jüdischen Volkes schildert. Auch dort stoßen wir auf den Ausdruck „Himmel“: „Wenn deine Verstoßenen sein werden am Ende des Himmels“. Die Thora will damit einen weit entfernten Ort ausdrücken, an welchen es die Juden verschlagen hat.
Nun wird auch der Vers „Nicht im Himmel ist sie“ verständlich. Der Jude im Exil könnte meinen, dass an einem solch entlegenen Ort von seiner Heimat, das Heilige Land, er unmöglich die Thora erfüllen könne. Zuerst müsse man in den „Himmel“ steigen (das Heilige Land). Nur unter diesem Umstand kann er die Thora einhalten.
Darauf antwortet ihm die Thora: „Nicht im Himmel ist sie!“ Die Thora soll nicht nur im Heiligen Land erfüllt werden. An jedem Ort, wo sich der Jude befindet, ist sie ihm eigen und nahe.
Und doch so nahe
Tiefer betrachtet wenden sich die Worte der Thora auch an jemanden, der in ein- em innerlichen Exil steckt. Die Thora und ihre Mitzwot scheinen von ihm so weit entfernt, wie „jenseits des Meeres“, oder im „Himmel“.
Doch die Thora ist anderer Meinung: „Denn dieses Gebot“, sagt sie, wobei es sich doch um das Gebot der Tschuwa handelt (von dem im vorigen Vers die Rede ist: „wenn du zurückkehren wirst zum Ewigen, deinem G´tt, mit ganzem Herzen und ganzer Seele“) „ist nicht fern von dir!“
Die Rückkehr zu G´tt, wie sehr sie auch einem weit und gar unmöglich scheint, befindet sich „nicht im Himmel oder jen- seits des Meeres“, sondern „sehr nahe ist dir die Sache, sie in deinem Munde und deinem Herzen zu erfüllen.“
Tief in dir
Aber wie kann dennoch die Tschuwa einem Menschen so nahe sein, wenn er der Mitzwot doch so fern ist?
Die Thora spricht das Innerste des Juden an, seine g´ttliche Seele. Jenen jüdischen Funken, den der Jude ständig in sich trägt. In seiner wahren Identität ist der Jude stets an den Ewigen und Seine Thora gebunden!
An ihm liegt es nur den Schleier, der sein wahres „Ich“ verhüllt, zu zerreißen, und dann erkennt er, wie er doch niemals der Thora fern war, sondern schon immer sehr nahe, sogar näher als er sich je gedacht hätte, da dies seine Identität ist!
Wir nähern uns Rosch Haschana. In dieser Zeit fragen wir uns aufs Neue, ob wir unseren Aufgaben auf dieser Welt gerecht werden. Welche Fortschritte machten wir im letzten Jahr, und welche Ziele setzen wir uns fürs nächste Jahr. In diesen Tagen des Erwachens ist uns die Rückkehr zu G´tt am Nähersten. Nun können wir unsere wahre Identität zum Ausdruck bringen, und auf einmal stellen wir fest, wie nahe uns unser Judentum ist und die Rückkehr zu G´tt uns tatsächlich am Herzen liegt!
Nehmen Sie sich zu Rosch Haschana Zeit und widmen Sie auch nur wenige Momente ihrer jüdischen Seele.
Lauschen Sie ihr, denn sie erzählt ihnen über Ihr wahres Ich!
„In den Tagen vor Rosch Haschana liegt es an uns unsere wahre Identität zum Vorschein zu bringen!“
Aus den Lubawitscher Rebben L. Sichot B. 34, S. 167
Den Schabbat vor Beginn jedes neuen, jüdischen Monats prägt ein besonderes Gebet: die Segnung des Neumonds in Gegenwart der Thorarolle. Doch bei einem Schabbat des Jahres findet diese Zeremonie nicht statt, nämlich am Schabbat vor dem Neumond des Tischrej, dies ist der letzte Schabbat vor RoschHaschana.
Laut einer Überlieferung des Baal Schem Tow ist G´tt es selbst, Der den Monat Tischrej segnet.
Und wie lautet der Segen für den Tischrej? Er erscheint zu Beginn unseres Wochenabschnitts, welcher immer am letzten Schabbat des Jahres rezitiert wird. Dort verkündet G´tt dem jüdischen Volk: „Ihr steht heute alle.“ Das Wort »heute« bezieht sich auf den Tag des Gerichts, Rosch Haschana. Und vor diesem großen Tag „steht ihr“ – ihr steht aufrecht und selbstbewusst. Und mit dieser Haltung tretet ihr vor Gericht – und gewinnt!
Der zu Beginn unseres Wochenabschnitts verwendete, hebräische Ausdruck »NIZAWIM« drückt ein „Stehen in Stärke und Robustheit“ aus. Der Talmud verwendet diesen Ausdruck, um die Standfestigkeit eines Königszu demonstrieren: „Der König steht . . . Er spricht und versetzt Berge. Mit dieser Kraft segnet uns G´tt vor dem Neujahr, „die Kraft Berge zu versetzen“!
Nicht Niederreißen
Dem Juden können manche Probleme im Leben wie unüberwindbare Hürden vorkommen. In seinem Dienst an G´tt wird er so heftig von inneren Trieben gestört, bis sie ihm wie Berge erscheinen.
Deshalb erhält er die Kraft Berge zu versetzen! Der Talmud verwendet bewusst den Ausdruck »versetzen« und nicht »niederreißen«. Denn »versetzen« bedeut-et etwas an einem Ort zu entfernen und es an einem Anderen wieder einzusetzen.
Der Jude hat die Kraft jede lästige Störung „seines inneren Widersachers“ auszureißen und sie sogar für den Dienst an G´tt, im Bereich des Guten und Heiligen, wieder einzusetzen. Nehmen wir die Kraft der Gewohnheit als Beispiel. Beim aktiven Dienst an G´tt (das Erfüllen der Gebote) ist sie sehr schlecht und absolut zu vermeiden, da der Jude die Gebote nie aus Gewohnheit erfüllen sollte. Aber beim passiven Dienst (Das Vermeiden von Verboten) wirkt sie als sehr nützlich; wie sich abzugewöhnen über andere schlecht zu sprechen usw..
Um aber den Segen G´ttes „Ihr steht kräftig“ zu erhalten, muss zuerst „ihr alle“ erfüllt werden, nämlich das tiefe Gefühl der Verbundenheit und des Zusammenhalts. Nur wenn das jüdische Volk vereint ist, zeigt es sich als würdig den Segen G´ttes zu empfangen. Zwar herrschen Unterschiede im Volk, wie die
Thora weiter sagt – „eure Häupter, eure Stäm-me, eure Ältesten und eure Beamten . . . eure Frauen, eure Kinder“ bis zu „deinem Holzhauer und deinem Wasserschöpfer“– den noch ist jeder unentbehrlicher Teil seines Volkes mit einer ihm bestimmten Aufgabe. Und an uns liegt es trotz dieser Unter- schiede einen festen Bund zu schließen .
Wie erreicht man diese Vereinigung?
Dabei lautet unser gemeinsamer Nenner »G´tt«, wie auch in dem ersten Vers unserer Thoralesung gedeutet wird: „Ihr steht heute alle vor dem Ewigen euren G´tt“. G´tt wählte uns alle zu Seinem Volk und steckte in jeden Juden einen g´ttlichen Funken. Die Seele des einen ist genauso ein Teil G´ttes wie die seines Nächsten. Das Erkennen unserer gegenseitigen Verbundenheit lässt uns G´ttes Segen empfangen.
Ab heute
Obwohl dieser Segen dem jüdischen Volkzu Rosch Haschana gegeben wird, ist der Ausdruck »heute« aber auch wortwört- lich zu verstehen; nämlich »heute«, in jenem Moment, an dem diese Worte aus der Thora verlesen werden; an diesem Schabbat! Und so lehren unsere Meister: „Jeder, der aus der Thora liest, liest G´tt mit ihm mit.“ Beim Rezitieren dieses Wochenabschnitts aus der Thora also, spricht auch G´tt zu uns den Segen: „Ihr steht alle heute vor dem Ewigen. . !“
Nun aber erwarten wir den größten Segen vom Ewigen, nämlich die vollkommene Erlösung, und dann wird das kommende Jahr gewiss das Beste aller Zeiten, und das wollen wir jetzt gleich!
„Sei empfängnisbereit für den Segen G´ttes vor dem Tag des Gerichts!“
(Aus den Lehren des Lubawitscher Rebben;
Torat Menachem des Jahres 5750, T. 4, S.290)
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