Besinnung
Zu Jom Kippur – dem Versöhnungstag – lesen wir im Gebet den Dienst des Kohen Gadol (Oberpriester) im Heiligen Tempel an diesem ehrfürchtigen Tag.
Zu Jom Kippur – dem Versöhnungstag – lesen wir im Gebet den Dienst des Kohen Gadol (Oberpriester) im Heiligen Tempel an diesem ehrfürchtigen Tag. Heute gibt es zwar keinen physischen Tempel mehr und keinen Kohen Gadol, der diesen Dienst verrichten kann, doch der „spirituelle Tempel“ besteht in der Seele jedes Juden. So deuten unsere Gelehrten den Vers: „Baut Mir ein Heiligtum, dass Ich in ihnen wohne“ – es steht nicht „in ihm (dem Heiligtum)“, sondern „in ihnen“ – in jedem einzelnen von uns.“ Und in diesem Tempel vollbringt der Kohen Gadol seinen Dienst!
Die G´ttesarbeit am Jom Kippur verlief in zwei Stufen. Den ersten Teil seines Dienstes verrichtete der Kohen Gadol in goldenen Gewändern, während er bei dem zweiten Teil seiner Arbeit in völlig weißen Kleidern agierte. Die verschiedenen G´ttesarbeiten in der Asara oder dem Hejchal (Bereiche im Tempel) verrichtete er in goldenen Gewändern, für den Dienst im Kodesch Hakodaschim (im Allerheiligsten) aber ver- wendete er nur weiße Gewänder aus Leinen.
Nutze deine Möglichkeiten
Wieso überhaupt gebietet die Thora, dass der Kohen Gadol Gewänder aus Gold bei seinem Tempeldienst tragen muss? Erklärt der Rambam: Für den Dienst an G´tt müssen die schönsten und prächtigsten Gewänder verwendet werden. Und da das Gold als prunkvoll, wichtig und wertvoll gilt, soll der Kohen Gadol mit Gewändern aus Goldfasern seinen Dienst am Jom Kippur verrichten.
Auf unseren spirituellen Tempel in uns übertragen heißt das, dass der Jude für seinen Dienst an G´tt alle seine Kräfte, Talente und Möglichkeiten ausschöpfen soll. Ein reicher Jude zum Beispiel, soll viel Zedaka geben, da dies seinem Können entspricht; ein gelehrter Jude soll anderen die Thora beibringen usw..
Weiße Gewänder
Als jedoch der Kohen Gadol das Kodesch Hakodaschim betrat trug er ausgerechnet weiße Gewänder aus Leinen. Das Gold war nun nicht mehr wichtig. Denn auf dem heiligsten Ort der Welt, wo die Gegenwart G´ttes weilt, muss man das Gold ablegen und sich mit weißen Gewändern kleiden!
Auf unsere Seele übertragen heißt das: Obwohl es wichtig ist seine Möglichkeiten für den Dienst aus G´tt voll auszunutzen, können aber diese äußerlichen Mittel nicht die innere Reinigung und Heiligung der Seele ersetzen! Denn sobald der Jude das Tiefste seiner Seele berühren und durchdringen will, sein Kodesch Hakodaschim, wo seine ewige Bindung mit G´tt eingebrannt ist, liegt es an ihm seine Seele zu reinigen und mit weißen, Gewändern vor G´tt zu stehen.
Innere Reinigung
Der Reiche soll nicht sagen: „Ich gebe genug Zedaka! So diene ich dem Ewigen. Ich habe keine Zeit für den Dienst des Herzens (Gebet).“ Der Aktivist soll nicht meinen: „Ich beschäftige mich reichlich mit der Gemeinde und organisiere viele Aktivitäten! Zeit für meine Seele (wie durch Thoralernen) finde ich nicht. Lassen wir es dabei.“
Tatsächlich obliegt es jedem Juden seine eigene Seele zu reinigen; seine eigenen Eigenschaften zu verbessern; seine eigene Bindung mit G´tt zu stärken (durch die Thora und die Mitzwot)!
Jom Kippur ist die Zeit sich in weiße Gewänder zu kleiden. An diesem Tag will jeder Jude das Tiefste seiner Seele erreichen; er muss sich nicht davor fürchten „ungeschmückt“ zu sein. Niemand fordert von ihm in jenen Stunden „äußerlichen Schmuck“ zu tragen; aber man erwartet und fordert ein reines Herz und einen klaren Kopf; die richtige Erkenntnis über seine Bindung zu G´tt.
Mögen wir alle zu Jom Kippur in den Augen des Ewigen Wohlgefallen finden; möge Er uns alle mit einem guten, gesunden und friedlichen Jahr segnen, ein Jahr des Trostes und der Freude – und der vollkommenen Erlösung!
„Niemand fordert von Dir in jenen Stunden „äußerlichen Schmuck“; aber ein reines Herz und einen klaren Kopf!“
Aus den Lubawitscher Rebben Likutej Sichot B. 2, S. 411
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