Wo liegt die Grenze?

Übersetzt von Rabbi David Kraus

Juden müssen laut Gesetz der Thora, 613 Ge-und Verbote erfüllen. Eines dieser Gebote ist: Das Mincha-Gebet, also das Nachmittagsgebet, welches man in einem Minjan (mindestens zehn männliche Juden ab 13 Jahren) beten muss. Als einer meiner Schüler eines Tages in die Synagoge ging, um dort das Mincha-Gebet zu beten, rief ihn kurz vor seinem Eintritt in die Synagoge seine Frau an und meinte, er solle sofort nach Hause kommen. Da er nun aber eigentlich vorgehabt hatte, zunächst noch Mincha zu beten und erst anschließend nach Hause zu kommen, sagte er ihr das auch. Aber seine Frau erwiderte mit einem klaren nein und forderte ihn auf, sofort nach Hause zu kommen. Mein Schüler hat daher alles stehen und liegen lassen und ging sofort nach Hause. So und nicht anders muss man sich verhalten, trotz der Tatsache, das mein Schüler in Kauf nahm, vielleicht am Ende alleine beten zu müssen und nicht etwa – wie es sich gehört – in einem Minjan. Es könnte sogar geschehen, dass dadurch ein Minjan nicht zu zustande kommt und in der Synagoge wichtige Gebete – wie z.B. das Kaddisch – ausfallen müssen.
 
Es versteht sich von selbst, dass wir hier von einem normal denkenden Juden sprechen, der wirklich danach strebt, den Willen Gottes zu erfüllen und der nicht jeden Tag auf dieses Gebot pfeift – Gott behüte. Wie dem auch sei, ein Mann muss stets bereit sein, alles stehen und liegen zu lassen, auch wenn es – wie in diesem Fall – danach aussieht, als ob er sich an der Thora vergeht. Doch in Wahrheit meinten unsere Weisen mit dem widersprüchlich wirkenden Satz: „Die Auflösung der Thora ist ihre Ausführung“ genau das: Nämlich dass ein Mann zunächst seine Frau beschwichtigen muss, da sie nur dadurch erkennt, sie ist seine Nummer eins. Deshalb wird sie ihn in der Zukunft, wenn es sein muss, auch 24 Stunden am Tag der Thora nachgehen lassen. Du musst wissen, dass das Wichtigste in deinem Leben der Hausfrieden ist, daher ist die Antwort auf die gestellte Frage: „Wo liegt die Grenze?“ Es gibt keine Grenze! Nimm dir daher also bitte zu Herzen, dass du im Laufe deines gesamten Lebens alles in deiner Macht Stehende tun musst, um in einer friedlichen und von der Liebe bestimmten Partnerschaft zu leben! Solange du mit deiner Frau nicht in Liebe und Harmonie zusammenlebst, musst du diese traurige Gegenwart als Zeichen dafür werten, dass du noch mehr Herz und Gebete zur Verwirklichung dieses Ziels einsetzen solltest. Du musst also immer alles tun, um in den Augen deiner Frau ihr Held zu sein! Das erste zu erfüllende Gebot ist daher – sowohl für den Mann als auch für die Frau – der Hausfrieden!
 
Daher wisse: Wenn deine Frau sich dir querstellt, dann macht sie das nicht aus freien Stücken heraus um dich zu ärgern! Sie hat keine andere Wahl, da sie deine Zuneigung so sehr braucht wie die Luft zum atmen. Solltest du etwas mehr lieben als sie, dann wäre das für sie wie zu sterben!