Kinder brauchen wirkliche Freunde

In sehr vielen Situationen, mit denen ich bislang konfrontiert wurde, bemerkte ich, dass Eltern in ihrer Kindererziehung immer wieder dieselben Fehler begehen.

6 Min.

Rabbiner David Kraus

gepostet auf 17.03.21

In sehr vielen Situationen, mit denen ich bislang konfrontiert wurde, bemerkte ich, dass Eltern in ihrer Kindererziehung immer wieder dieselben Fehler begehen. – Fehler, die einem Kind seine positive Lebensentwicklung völlig zerstören können:
 

  1. Es ist völlig normal, dass ein Kind sich kindlich verhält!
  2. Der Finanzhaushalt! Hausfrieden!
  3. Kritisierungen, Bloßstellungen, Zurechtweisungen!
  4. Das Süßigkeiten- und Spielzeugprinzip!

 

Zu 1.: (Es ist völlig normal, dass ein Kind sich kindlich verhält!)
 
Familien, bei denen die Eltern ihrem Kind ermöglichen Kind zu sein, d.h. also in seiner Natürlichkeit aufzuwachsen und es nicht andauernd mit Kommentaren wie: „Stopp! Geh nicht ins Wohnzimmer!“ – „Stopp! Fass das nicht an!“ – „Stopp! … Stopp …usw.!!“  bombardieren, garantieren ihrem Kind dadurch auch, dass es gut und vor allem – wie es sich gehört – gesittet aufwächst!!
 
Dabei müssen Eltern allerdings beachten, dass sie solch eine Kindererziehung nicht nur außerhalb ihrer eigenen vier Wände praktizieren, sondern vor allem auch zu Hause! Ich betone dies an dieser Stelle bewusst, da ich zu meinen Bedauern etliche Male beobachten konnte, dass Eltern sich außerhalb ihrer eigenen vier Wände wirklich beispielhaft in Sachen Kindererziehung verhielten, doch sobald sie nach Hause kamen, bombardierten sie ihre Kinder regelrecht mit den oben aufgeführten Kommentaren und machten sich dadurch ihre gesamte gute Erziehung, die sie draußen an den Tag legten, wieder zunichte! Und nicht nur das, durch ihre schauspielerische Glanzleistung außerhalb ihrer eigenen vier Wände, lehrten sie ihrem Kind auch noch Heuchelei! Die entsprechende Konsequenz bei ihren Kindern lässt natürlich nicht lange auf sich warten! Aufgrund der Tatsache, dass zu Hause – ALLES – verboten ist und sie zu Hause immer mit einem – NEIN – konfrontiert werden, führen sich diese Kinder in der Regel draußen – gelinde gesagt – unbeschreiblich auf! Den Eltern würde jetzt eigentlich der Kragen platzen , doch sie befinden sich ja gerade nicht zu Hause! Daher spielen sie ihre Elternrolle so,  als ob es für sie völlig in Ordnung wäre, das ihre Kinder wie verrückt herumspringen, tollen, schreien usw. Das Verhältnis zwischen solchen Eltern und ihren Kindern ist natürlich katastrophal und bringt dadurch noch weitere richtig große Erziehungsfehler hervor! Dieser ungute Zustand ist einfach nur schädlich für ein gedeihliches Miteinander und absolut überflüssig!
 
„Daher – liebe Eltern! Lasst eure Kinder bitte auch – und vor allem bei euch zu Hause – wirklich Kinder sein! Lasst sie zu Hause herumspringen usw., denn dadurch ermöglicht Ihr Euren Kindern eine hervorragende Erziehung! Wenn Ihr Euren Kindern zu Hause alles verbietet oder dergleichen, gebt Ihr ihnen somit nur den Anlass, draußen grenzenlos alles zu tun und zu lassen  was sie gerade wollen! Denn irgendwo – so denkt sich das Kind – muss  ich ja schließlich Kind sein können …“
 
Eltern, die unter einer Putzsucht leiden und ihren Kindern aufgrund dessen ALLES verbieten, kann man nur eines zu sagen: Ihr zerstört das Wesen eurer Kinder! – Auf Hebräisch heißt es daher sprichwörtlich: „Wenn die Mutter an einem Sauberkeitswahn leidet, dann leiden die Kinder dadurch an Aggressionen!“ … 
 
Zusammenfassend bedeutet dies allerdings nicht, dass Eltern stillschweigend mit ansehen müssen, wie ihr Kind die Wohnung zerlegt. – Doch wie dem auch sei, einem Kind muss es gestattet sein, auch im Wohnzimmer mit Spielzeugen spielen zu dürfen. Denn das Kind möchte ja schließlich nicht immer alleine in seinem Zimmer spielen, oder sucht einfach nur die Nähe seiner Eltern! 
 
Zu 2.: (Der Finanzhaushalt!)
 
Kinder in die persönlichen oder allgemeinen Finanzangelegenheiten hinein zu ziehen, gehört zu den größten und verhängnisvollsten Fehlern, die Eltern begehen können! Daher ist es völlig unmöglich, im Wohnzimmer einen Familienrat einzuberufen und dabei auch noch vor allen Familienmitgliedern (inklusive allen Kindern) festzustellen,
 

  • dass das Minus auf dem Bankkonto alle Grenzen sprengt;
  • dass sie sich die Schulden in Dimensionen bewegen, deren Tilgung sich wohl nur durch ein Wunder realisieren lässt;
  • das Vater nun arbeitslos ist und so weiter.

 

Das bedeutet also im Klartext:
 
Um jemandem innerhalb der Familie begreiflich zu machen, dass die Tendenz bei ihnen finanziell bedenklich ins Minus zeigt, sollte dies keinesfalls in Gegenwart der Kindern ausdiskutiert werden! Darüber hinaus darf solch ein Gespräch zwischen Mann und Frau auf keinen Fall vom Streit oder der Suche nach dem Schuldigen geprägt sein! Wenn der Mann mit seiner Frau (oder umgekehrt) einen Dialog wegen der Haushaltsfinanzen führt, dann muss er, damit er auch zu einer dauerhaften Problemlösung führen kann, von  Liebe und  Wärme geprägt sein; und darüber hinaus sollte dies nur dann geschehen werden, wenn sich keines ihrer Kinder in der Nähe  befindet .
 
Eltern müssen immer  bedenken, dass Kinder, die mit solchen Problemen konfrontiert werden, oft seelisch sehr belastet werden, da sie diese Probleme nicht verstehen können und auch mit den oft  daraus folgenden Spannungen nicht umgehen können. … 
 
Zu 3.: (Hausfrieden!)
 
Das Leid, das Kinder zugefügt wird, wenn sie mit ansehen müssen, wie sich ihre Eltern  streiten, sich gegenseitig verfluchen, sich gegenseitig anschreien usw., ist unermesslich.
 
Die gesamte Wesensart eines  Kindes ist einfach nicht dafür geschaffen solche Szenen zu ertragen bzw. mit ansehen, wie sich seine Eltern  aufgrund einer Meinungsverschiedenheit oder irgendwelcher  Problemen heftig streiten. Die Eltern werden sich nach einiger Zeit vielleicht wieder versöhnen und dann feststellen, sie lieben sich ja und ihr Streit war völlig dumm und sinnlos. – Doch ihre Kinder, die diesen Streit mit erleben mussten, erlitten – völlig unabhängig von der später möglichen  Versöhnung – einen immensen Schaden! Alles was sie dabei sahen und hörten, wird tiefe Verletzungen in ihrer kindlichen Seelen hinterlassen. Ein Kind weiß sich in solch einer Situation einfach nicht zu helfen und daher versteckt es sich – die Ohren zuhaltend – in seinem Zimmer. Es versucht diese Situation möglichst zu ignorieren. Dies kann wiederum dazu führen, dass ein Kind sich unter Umständen auf lange Sicht völlig  verschließt, also stark verhaltensgestört in den Tag hinein lebt. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn Gewalt  im Spiel war, was Gott behüte.
 
Leider musste ich bei noch heftigeren Fällen mit ansehen, wie einer der beiden Elternteile eines oder sogar alle ihre Kinder, als „Waffe“ gegen den anderen einsetzte. Solche Eltern sind sich dabei einfach nicht bewusst, dass sich in den verletzten Seelen ihren Kindern völlig negative und gefährliche Charaktereigenschaften wie z.B.: Hass, Gier, Rache usw. ausbilden können. Des Weiteren wollen solche Eltern auch nicht einsehen, dass die Entwicklung solcher schlechten Charaktereigenschaften die Zukunft ihrer Kinder negativ beeinflussen wird. Denn sie können dadurch bedingt zu  destruktiven Handlungen und Gewalt gegenüber anderen Menschen  neigen. Der Grund für dieses  Gewaltpotential ist in dem gegenseitigen Hass der die  Eltern begründet! Kinder ,die solches erleben, verlieren dadurch das notwendige Grundvertrauen in die Menschen …   
 
Zu 4.: (Kritisierungen, Bloßstellungen, Zurechtweisungen!)
 
Ich besitze in meinen Leben einen unveränderlichen Grundsatz:

In der Kindererziehung darf man sich keine Fehler erlauben!! – Daher tue am Besten gar nichts, wenn du nicht sicher bist, wie man ein Kind richtig erzieht!!
 
Einst erzählte Rabbi Elijahu Lupian – er Ruhe in Frieden -, dass er seine Kinder niemals kritisiert hat, bloßstellte oder zurechtwies! Dies gelang ihm dadurch, dass er, solange er in sich eine Wut wegen der Taten seiner Kinder verspürte, sich von seinen Kindern fernhielt, solange bis er die absolute Gewissheit hatte, dass er nicht mehr wütend  war. Dies tat er, weil er um jeden Preis verhindern wollte, dass er seine Kinder nur wegen seines Zorns kritisieren, bloßzustellen oder beschämend zurechtzuweisen könnte. Also ging er erst dann auf seine Kinder zu, wenn er alle Zorngefühle gegenüber seinen Kindern überwunden hatte. Anschließend nahm er voller Liebe und Wärme seine Kinder in die Arme und sprach mit sanfter Stimme auf sie ein. So wie uns unsere Weisen einst lehrten: „Die Worte eines Weisen werden durch ihre Sanftheit erhört.“       
 
Möchtet ihr, dass eurer Kind auf euch hört!? Dass eurer Kind  dem was ihr sagt eine gute Botschaft entnimmt und daraus einen positiven Einfluss erhält!? Dann kritisiert es niemals unbedacht, stellt es niemals bloß, verletzt niemals seine Gefühle und weist es niemals beschämend zurecht! Sprecht mit eurem Kind aus der Sanftmut eures Herzens, sodass es  Liebe und Geborgenheit spürt und nicht etwa Wut und Zorn.
 
Ein Herz fühlt das Herz des anderen! Daher kann ein Kind – so wie jeder andere Mensch auch – nur dann mit den an es gerichteten Worten etwas anfangen oder sich an Ratschlägen halten, wenn sie aus dem Herzen des Sprechers kommen! Denn im Herzen steckt nur Liebe und Wärme. Und sobald ein Kind dies in den Worten seiner Eltern spürt, wird er sie nicht einfach so ignorieren. Im Gegenteil, solche Worte werden das Kind fördern und aufbauen. Daher ist es ebenfalls sehr wichtig, dass man dem Kind die gewünschte Botschaft, besonders eine kritische, alleine vermittelt und nicht etwa vor den Augen anderer, da dies  eine Schmach für ihn darstellen würde. Infolgedessen muss man stets beachten, was uns unserer Weisen lehrten: „Tu deinem nächsten niemals das an, was du selbst als schlecht empfändest !“
 
 Zu 5.: (Das Süßigkeiten- und Spielzeugprinzip!)
 
Das sogenannte Süßigkeiten- und Spielzeugprinzip wurde von jenen Eltern eingeführt, die so gut wie nie zu Hause waren oder zu Hause ihre Ruhe haben wollten. Mit immer wieder neuen Geschenken für ihre Kinder,  versuchten sie ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen, da sie sich der Pflicht des Erziehens häufig entzogen. Doch wie bereits gesagt: Ein Herz fühlt das Herz des anderen! So merkt und fühlt das Kind, dass der Vater oder die Mutter ihm das Geschenk nicht aus Liebe kauften, sondern nur damit es sie jetzt in Ruhe lassen möge …  
 
Solche Eltern sind bereit viel Geld ihrer Kinder zu investieren, doch leider keine Zeit! Nein! Ihre Zeit sind sie nicht bereit in die Kinder zu investieren, doch da sich Zeit ja nicht kaufen lässt, wird sie durch oftmals sehr sinnlose und überzogene Geschenke ersetzt! Doch eben darin liegt der Fehler! Eltern müssen sich Zeit für ihre Kinder nehmen, weil diese nur dadurch fühlen, dass sie  geliebt werden! Daher können Eltern sich mit der Ausrede: „Ich habe einfach keine Zeit“ nicht herausreden, denn die gute Erziehung und der gesunde Werdegang eines Kindes wird am Besten durch gemeinsam verbrachte  Zeit gewährleistet.
 
So ist das süßeste Bonbon, das Eltern ihrem Kind schenken können, ein hingebungsvolles Herz voller Liebe, Wärme, Aufmerksamkeit und Verständnis, . In einer wirklich guten Familie sind  Eltern auch wirklich gute Freunde und das ganz besonders für ihre Kinder! …
 

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1. Naomi

11/18/2014

Kindererziehung

Danke für diese liebenden und weisen Worte, wie wahr, wie wahr!

2. Naomi

11/18/2014

Danke für diese liebenden und weisen Worte, wie wahr, wie wahr!

Danke fuer Ihre Antwort!

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