Heiße Ware

Nicht umsonst heißt es: „Der Gerechte lebt aufgrund seines Glaubens“, lebt in dieser und in der kommenden Welt ein schönes und inhaltsreiches Leben.

4 Min.

Rabbiner Shalom Arush

gepostet auf 06.04.21

Der Stellenwert eines Menschen

 

Vielleicht kennst du die Geschichte aus dem Talmud, in der ein Sohn eines weisen Vaters aufgrund einer Erkrankung ins Koma fiel und der nach dem Erwachen von seinem Vater gefragt wurde, was er denn sah. Der Sohn antwortete seinem Vater: „Ich sah eine verkehrte Welt. Die Hochgestellten waren unten und die Niedriggestellten waren oben.“
 
Sein weiser Vater erwiderte ihm daraufhin: „Du sahst die Welt wie sie wirklich ist.“
 
Es gibt auf diesen Planeten viele Menschen, die wichtig und groß sind, allerdings in der kommenden Welt klein und unbedeutend sein werden – auch umgekehrt, d.h., die auf dieser Welt als klein und unbedeutend eingestuften Menschen werden oben wichtig und groß sein. Der Grund dafür ist, dass Gott den Stellenwert eines Menschen daran misst, wie viel Glauben er in Ihn besitzt – oder anders gesagt, wie viel Glauben er sich durch die ständigen Glaubensprüfungen aneignete.
 
Deshalb sticht uns wiederum die Erkenntnis ins Gesicht, dass der Glaube das Fundament von allem bildet. Nicht umsonst heißt es: „Der Gerechte lebt aufgrund seines Glaubens“, lebt in dieser und in der kommenden Welt ein schönes und inhaltsreiches Leben. Und alles dank des Glaubens.
 
Nun wissen wir, dass sich der wahre Stellenwert eines Menschen nur anhand des Glaubens messen lässt. Allerdings muss man vervollständigend erwähnen, dass es keiner Person möglich ist, zu erkennen, wie viel Glauben ihr Gegenüber besitzt. Demnach ist nur Gott in der Lage, zu sehen, wie viel Glauben jedes seiner Geschöpfe in Ihn besitzt, da ein Mensch nach den Augen sieht und Gott nach dem Herzen! Doch die Realität beweist, dass die Menschen untereinander versuchen, den Stellenwert einer Person durch optische Wahrnehmungen auszumachen, indem sie auf das Aussehen, Schönheit, Schulbildung, beruflichen Stand, Reichtum, Auto u. dgl. achten. Für jeden, der über etwas Menschenverstand verfügt, ist klar, dass dies kein gutes Messkriterium sein kann, anhand dessen sich der Stellenwert eines Menschen ausmachen lässt. Folglich kann es bei dieser Art von Messung zu erheblichen Fehleinschätzungen kommen – man läuft also Gefahr, den Großen als klein einzustufen oder den Kleinen als groß.
 
Es kann z.B. sein, dass ein Analphabet, der weder schreiben noch lesen kann, über einen hochgebildeten Menschen mit Abitur steht. Weshalb? Da der eine an Gott glaubt und Ihn dadurch kennt und schätzt. Und der andere dagegen weder weiß, wer ihn erschuf, noch wer ihn durchs Leben führt. Infolgedessen kommt in dieser Konstellation beispielsweise heraus, dass der hochgebildete Akademiker im Gegensatz zu dem Analphabeten, der nicht einmal imstande ist, seinen eigenen Namen zu schreiben, einen grottenschlechten Platz innehat.
 
Der Wahrheit wegen muss man an dieser Stelle erwähnen, dass der Stellenwert eines Menschen, der seinen Schöpfer nicht kennt, sogar geringer einzustufen ist als der eines Viehs. So wie es heißt: „Ein Ochse kennt seinen Eigentümer; ein Esel kennt die Krippe seines Herrn; und du als Mensch weißt nicht einmal, wer dich erschuf?“
 
 
Eine Ware, deren Name "Glaube" ist
 
Abschließend bleibt die Erkenntnis, dass unsere Hauptaufgabe auf diesem Planeten darin liegt, den Glauben zu erlangen bzw. sich diesen anzueignen. Unsere Weisen wiesen uns diesbezüglich bereits darauf hin, dass die erste Frage, die einem Menschen nach seinem Tod gestellt wird, folgende ist: „Führtest du all deine Handlungen stets gewissenhaft aus?“
 
Die einfache Interpretation dieser Frage ist, das ein Mensch gefragt wird, ob er seine Handlungen auf dieser Welt gewissenhaft vollzog, d.h. ehrlich, anständig sowie geradlinig und ohne zu betrügen, zu berauben oder zu belügen. Darüber hinaus bildet der Glaube an Gott den Ursprung des Wortes "gewissenhaft", da nur ein Mensch mit reinem Gewissen – der den Glauben an Gott voraussetzt – dazu imstande ist, keinen anderen Menschen zu betrügen, zu berauben oder zu belügen. Demnach verbirgt sich in der Frage eine noch viel tiefgründigere Interpretation, in der ein Mensch im Grunde genommen gefragt wird: „Als du einen Menschen antrafst, hast du mit einer Ware, deren Name "Glaube" ist, gehandelt? Hast du dabei Glauben gekauft? Hast du dabei Glauben gelernt? Hast du dabei Glauben verkauft? Hast du dabei Glauben gelehrt?“
 
Des Weiteren sagte einer unserer Weisen, dass Gott mehrere Welten verschiebt, nur damit sich zwei Personen in einem Gespräch über den Glauben bzw. den Sinn, Zweck und Grund der Erschaffung unterhalten. Also jede Begegnung dient im Ursprung nur dazu, sich den Glauben anzueignen oder den Glauben weiterzuleiten!
 
Zusammengefasst wissen wir nun, dass der Glaube den wahren Erfolg sowie das wahrhaftige Glück auf dieser Welt bildet und den wahren Erfolg für die kommende Welt. Des Weiteren wissen wir, dass es keine Worte gibt, mit denen sich die Kostbarkeit des Glaubens beschreiben lässt. Gesegnet ist, der es erfährt, den Glauben mit voller Überzeugung zu schmecken.
 
 
Zu guter Letzt
 
Nachdem wir die Ratschläge zu einem Leben im Glauben lernten, müssen wir nun hervorheben, dass die Tatumsetzung dieser hervorragenden Ratschläge in erster Linie vom der Erkenntnis, dass alles zum Besten ist, abhängt. Allerdings bedarf es zur Erlangung dieser Erkenntnis die Einsamkeitssuche in Form der Rechenschaftsabgabe, da sich das Wissen, alles ist zum Besten, nur auf dem Weg der Rechenschaftsabgabe erreichen lässt. Ohne die tagtägliche Rechenschaftsabgabe vor Gott, an der man aufarbeitet, was man von seiner gestrigen Einsamkeitssuche bis zur heutigen alles getan hat, wird es einem wohl nicht gelingen, dass mit Abstand größte und schönste Geschenk, das es auf dieser Welt gibt, in Empfang zu nehmen – das Wissen, das alles nur zum Besten ist! So wie es heißt: „Das Wissen eines Menschen, dass alles, was ihm widerfährt, zu seinem Besten ist, gleicht so etwas wie dem Paradies, also dem Garten Eden!“
 
Folglich sei stets darum bemüht, sehr viel zu beten, damit du dir so angewöhnst, jeden Tag eine Stunde lang das persönliche Gespräch mit Gott in der Einsamkeit nachzugehen. Auf diesem Weg fährt man den Erfolg ein, gläubig zu sein und somit eine reine, weiße Weste zu besitzen. Darüber hinaus wird man alle Segnungen erfahren, so wie es heißt: „Ein gläubiger Mensch ist reich an Segen!“

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