Antwort

Bis eines Tages - alle anderen schlafen schon - ein leises Wimmern aus dem Kinderzimmer dringt …

4 Min.

Sara Gress

gepostet auf 05.04.21

„Ohne Gebet ist ohne Gott“ – Das hat ein netter Mensch vor einigen Wochen meinen Kindern gesagt. Ein paar Mal ließ er sie das eben Gelernte wiederholen und schärfte ihnen ein, wie wichtig es sei, dies nicht zu vergessen. Seitdem verfolgt mich dieser einfache Satz auf Schritt und Tritt. Und immer wieder muss ich bestätigen, dass es wirklich stimmt …

Bis eines Tages – alle anderen schlafen schon – ein leises Wimmern aus dem Kinderzimmer dringt … Ich begebe mich also in das Zimmer und sehe, wie einer meiner Kleinen ganz herzzerreißend weint – so gehe ich zu seinem Bett und frage ihn, warum er denn so traurig ist. Die Antwort ist mir zunächst ein Rätsel: „Er antwortet nicht“!
 
Gut, irgendjemand antwortet meinem vierjährigen Sohn nicht und das macht ihn traurig. Durch Fragen versuche ich herauszubekommen, um wen es geht. Antwortet ihm vielleicht der Lehrer in der Vorschule nicht? Oder ist es Lior? Mit dem hat er sich nämlich gestern um die Eisenbahn gestritten … Aber nein, ich komme nicht darauf, wer es ist, der ihm nicht antwortet.
 
Bis mich der kleine Mensch dann aufklärt: Es ist nämlich Gott, der ihm nicht antwortet.
 
Da muss ich erst einmal schlucken, denn auf so ein Gespräch war ich an diesem Abend nicht mehr vorbereitet. Der Kleine weint inzwischen ganz bitterlich, weil er glaubt, ohne Gott zu sein. Schließlich betet er ja jeden Abend und hat noch nie eine Antwort bekommen.
 
Oh weh! Falsches Thema, falsche Zeit und vor allem mütterliche Ratlosigkeit. Denn unter uns, auch ich warte oft auf eine Antwort von Ihm. Wie oft habe ich das Gefühl, mein Gebet würde nicht gehört, sei eher ein Gespräch mit mir selbst?
 
Aber da gab es auch schon ganz dunkle Momente in meinem Leben. Momente, in denen meine Gebete eher Schreien glichen und voller Verzweiflung waren. Und in diesen so bitteren Momenten, da habe ich immer eine Antwort bekommen. Oft war es nicht das, was ich mir gewünscht hatte, war nicht das, was ich hören wollte. Manchmal war es ein Gedanke und manchmal ein Zeichen. Aber immer wusste ich: Er ist da.
 
Rabbi Shalom Arush beschreibt es schön in seinem Buch „Im Garten des Glaubens“ . Wie alles, was in unseren Leben geschieht, nur dazu dient, uns näher zu Gott zu bringen. Dass manchen Menschen ein sanftes Anstupsen genügt, um in die richtige Richtung zu gehen und andere wiederum einen kräftigen Tritt benötigen.
 
Ich gehöre wohl eher zur zweiten Kategorie, und so hat es einiges gebraucht, um mich Demut zu lehren vor Seinem großen Plan. Es hat mich viel gekostet, mich hinzugeben an das, was ist, und mich nicht mehr in meinem Eigenwillen zu verrennen, sondern einfach das, was ist, so zu akzeptieren, wie es ist, und es als von Ihm gegeben anzunehmen …
 
Hier unter uns kann ich es ja zugeben … Es gelingt mir nicht immer leicht. Aber es gelingt mir immer öfter, und das mit freudigem Herzen.
 
HaShem li welo ira. Gott ist mit mir und ich fürchte mich nicht.
 
Ich weiß, wie hart es sein kann, diese Lektion zu lernen. Gebetsmühlenartig habe ich diesen Satz in allen möglichen und unmöglichen Situationen wiederholt. Als ich auf dem Dach des Hochhauses stand mit 16 Jahren und nicht wusste, was mich eigentlich am Springen hindern sollte … Als ich mich von dem Vater meiner Kinder trennte … Als ich die Tochter verlor, die langersehnt war und noch nie die Sonne gesehen hatte …
 
HaShem li welo ira, HaShem li welo ira … Mein Mantra war dies, als mein Jüngster notoperiert werden musste und ich drei Stunden vor dem Operationssaal saß und nicht wusste, ob seine Seele noch auf der Erde weilt.
 
Jeder meiner Söhne trägt ein Amulett mit diesem Satz um den Hals. Weil diese Stelle im Morgengebet mein Herz auf eine ganz besondere Weise berührt. Denn egal, ob Er antwortet oder nicht, Er ist da und Er hört mir zu, wenn ich mich mit all den Sorgen, Fragen und Zweifeln, die zu mir gehören, an Ihn wende. Und ja oft scheint es mir so, als ob die Antwort ausbliebe. Aber wenn ich ganz genau hinhöre, erspüre…, dann merke ich, es geht nicht um die Antwort. Ich brauche sie nicht, um zu wissen, dass ich bei Ihm geborgen bin.
 
Denn es geht ja nicht zwangsläufig um eine Antwort oder um das, was wir Menschen dafür halten. Es geht vielmehr um Vertrauen und um die Liebe, die da ist zwischen Gott und uns Menschen.
 
Und die dunklen Momente? Die liebe ich von Herzen, denn all das Dunkle, all die Verzweiflung, all die leeren Momente sind es, die mich dahin gebracht haben, wo ich heute bin. Sie haben mich näher zu Gott gebracht. Und dafür danke ich Ihm jeden Tag, denn mein Leben ist immer öfter einfach wunderbar.
 
Aber wie erklärt man das einem kleinen Jungen, noch dazu nach einem langen Tag? Ich versuche mein Bestes und mein kleiner weiser Sohn? Der weiß genau, wer die Welt am Laufen hält (und steuert) und während ich ihn in den Schlaf wiege, beschließt er, dass er nächstes Mal sein Gebet als Brief an Ihn schreiben wird. Schließlich hat Gott ja jede Menge zu tun und so kann er die Antwort erwarten, bis die Zeit für Seine Antwort ist.
 
Ich wünsche Dir, der Du das liest, dass Du Antworten auf Deine Fragen erhältst. Dass Du erkennst, welch ein Segen Dich auf Deinem Weg bis genau an diese Stelle Deines Lebens begleitet hat. Und dass Du, egal was war oder was immer Du auch getan hast … erkennen kannst, dass Du genau so, wie Du bist, wunderbar bist … heil und ganz … Denn so hat Er Dich gemacht und Du bist wunderbar. Und wenn es Dir nicht gelingt, eine Stunde am Tag im persönlichen Gebet mit Ihm zu verbringen, fange mit einer halben Stunde an und wenn Dir die Worte fehlen, schweig einfach dabei und höre auf die Melodie des Lebens, die Dein Herz mit jedem Herzschlag singt.

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1. Batsheva

10/24/2010

Ohne Gebet ist ohne G-tt Das ist ja ein Artikel, der sehr sehr berührend ist! DANKE an Sara!

2. Batsheva

10/24/2010

Das ist ja ein Artikel, der sehr sehr berührend ist! DANKE an Sara!

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