Love Boat

In einer Beziehung kommt es durchaus vor, dass sich die Liebenden in einer sehr schwierigen Lebensphase befinden. Der psychische Druck ist dann sehr stark kräfteraubend.

4 Min.

Rabbiner David Kraus

gepostet auf 05.04.21

Schwere Zeiten
 
In einer Beziehung kommt es durchaus vor, dass sich die Liebenden in einer sehr schwierigen Lebensphase befinden. Der psychische Druck auf dem Paar ist dann sehr stark kräfteraubend, wenn sie zum Beispiel vor einem riesigen Berg von Schulden stehen oder sich mit einer unerwarteten Kündigung herumplagen müssen. Doch sind diese schwierigen Zeiten in Wahrheit nur eine Prüfung für eine Beziehung, denn wenn ein Paar an der Liebe festhält, ohne sich gegenseitig zu zerfleischen, dann werden sie gemeinsam bestimmt bald wieder die Sonnenseite des Lebens genießen können. Beide müssen ein Herz und gegenseitiges Verständnis füreinander haben, so wie es in der Thora über Moses geschrieben steht. Denn als Moses groß wurde, wollte er sehen, wie es seinen Brüdern geht, und als er sah, wie unbeschreiblich schwer und hart sie arbeiten müssen, heißt es: „…und sah ihre Leiden.“ (2. Buch Moses, Kapitel 2, Vers 11)

Moses schmerzte der Anblick, da er bedauerndes Mitgefühl aufbrachte, so wie Raschi (Rabbi Schlomo ben Itzchak) diese Stelle kommentierte..  
 
Des Weiteren muss ein Paar gemeinsam zu der Überzeugung kommen, dass alles im Leben nur zum Besten ist! 
 
Ich kenne eine äußerst berührende Liebesgeschichte. Sie handelt von einem jungen Mann (wir nennen ihn hier Michael), der als kleiner Junge seine Heimat Israel gemeinsam mit seinen Eltern in Richtung Europa verließ. Dort wuchs er dann auf und lernte – so dachte er es sich zumindest – die „Frau seines Lebens“ kennen! Ihm war also sofort klar: Mit ihr (wir nennen sie hier Sara) werde ich den Bund der Ehe schließen…!
 
Nach einigen Jahren erlebte das damals Gott ignorierende Paar dann eine vom Himmel auferlegte Glaubensprüfung in Form eines Unfalls, durch den Michael schwer verletzt wurde. Da Sara ihren Michael wohl nicht wirklich liebte, konnte sie mit der Situation nicht richtig umgehen und besuchte ihn trotz seiner Verletzungen nicht im Krankenhaus. Es kam zur Ehescheidung und Michael musste nicht nur die drohende Fußamputation und weitere schwere Verletzungen bewältigen, jetzt kam auch noch die ihn sehr schmerzende Trennung von einem geliebten Menschen dazu.
 
Rabbi Akiva sagte einst voller Weisheit: „Alles, was Gott macht, macht er zum Guten!“
 
Michael sah damals alles schwarz, doch heute lebt er gesund und an Gott glaubend als orthodoxer Jude und wieder neuverheiratet in Israel!
 
Diese Geschichte lässt sich oberflächlich mit dem Ende der herzergreifenden Geschichte vom gerechten Josef gleichsetzen, denn seine geliebten Brüder hatten ihn einst verkauft – und somit durchlebte er natürlich auch unbeschreiblich schwere Zeiten. Doch Josef empfand diese allerdings nicht als Höllenqualen, so wie er es dann seinen Brüdern selbst nach vielen Jahren offenbarte: „Wohl, ihr habt mir Böses zugedacht, doch Gott hat es zum Guten gewandt …!“ (1. Buch Moses, Kapitel 50, Vers 20)
 
Sicherlich kennt jeder von uns solche Geschichten, die ja auch schon gute Filmvorlagen bildeten, doch leider gibt es sehr viel Paare, die mit solch einer Situation nicht zurechtkommen. Nun kommt es aber nach der Genesung durchaus dazu, dass der untreue Partner erkennt, durch sein damaliges Fehlverhalten die große Liebe seines Lebens verloren zu haben.
 
Aber was geht hier vor? Es stellt sich die Frage, wie ein Mensch bewusst etwas aufgibt, das ihm doch so wichtig ist!?
 
In der Regel verliert ein Mensch doch nur dann etwas, wenn er unachtsam ist! Und unachtsam geht man nur mit Sachen um, die einem nicht überaus wichtig sind!
 
Hieraus erkennen wir: Die große Liebe kann man keineswegs auf diese Weise verlieren, denn wenn sie wahrhaft vorhanden war, gibt man sie auch niemals auf! 
 
Leider wird das Wort Liebe heutzutage missbraucht! Die wunderbare und unbeschreiblich faszinierende Liebe zwischen Mann und Frau ist mit Abstand das schönste und kostbarste Geschenk, das Gott uns Menschen auf dieser Welt gab.
 
Daher sind all diese Begriffe und Redewendungen wie: „Ich habe dich verloren, ich will zurück zu dir, usw.“ reines Gift für die Menschen, denn es handelt sich dabei schlichtweg um Lügen! So wie uns einst unser weiser Rabbi Schlomo Alkabetz in dem von ihm verfassten Schabbat-Lied hinwies, indem er schrieb: „Bei allem gibt es einen Abschluss, doch von Anfang an war dieser geplant!“ (Schabbat Lied – Lecha Dodi, Vers 2)
 
Jeder Mensch muss sich also – bevor er etwas tut – vor Augen halten, was am Ende dabei herauskommen wird!
 
Und genau so war es auch bei Michael und Sara. Die damalige Situation war – zugegeben – nicht leicht. Im übertragenen Sinne lässt sie sich mit dem Untergang eines Schiffes gleichsetzen. Michael befand sich damals in einem gesundheitlichen Zustand wie dem eines dem Untergang geweihten Schiffes, welches unaufhaltsam in den Tiefen der Ozeane versinken wird.
 
Und Sara war er das – anfänglich vermeintlich gedachte – Rettungsboot, welches das Schiff über Jahre hinweg begleitete, doch in der Stunde der Wahrheit, also der Zeit für einen Rettungseinsatz, verschwand das Boot – ohne zu helfen – vom Unglücksort und überließ das hilfesuchende Schiff seinem Schicksal!
 
Den rettenden Anker für das untergehende Schiff warf dann der weise König David, indem er sagte: „… Wer auf Gott vertraut, den wird Er mit Liebe umgeben!“ (Psalm 32, Vers 10)
 
Gott gab sein Schiff also nicht auf! Im Gegenteil, es erfuhr durch Ihn ein Wunder, sodass das damals als völlig hoffnungslos einzustufende Schiff nach gewisser Zeit – Gott sei Dank – bis heute aus eigener Kraft und mit neugewonnenem Glanz die Weltmeere durchschwimmt!
 
Das Schiff erlebte also eine Art Neugeburt!
 
Und nun schließt sich der Kreis, den ich am Anfang zu zeichnen begonnen habe.
 
Wenn der Bootsführer des damaligen Rettungsbootes – namens Sara – eingegriffen hätte, dann hätte man von einer wahrhaftig großen Liebe sprechen können! Eine Liebe, die auch tatsächlich eine ist; und somit hätte es auch niemals ein Ende dieser Liebe gegeben! Doch aufgrund der Tatsache, dass der Bootsführer in der Stunde der Wahrheit sich dazu entschloss, einen völlig anderen Kurs einzuschlagen, mit dem er sogar in Kauf nahm, dass das Schiff untergehen könnte, lässt sich feststellen, dass es sich um alles, nur eben nicht um die Liebe handelte!
 
Denn wie heißt es doch so schön in den Sprüchen der Väter (Kapitel 5, Spruch 19): „Jede Liebe, die an eine Sache geknüpft ist, ist keine wahre Liebe! Denn sobald die Sache wegfällt, hört es mit der Liebe auch auf! Im Gegensatz dazu besteht eine Liebe, die an nichts geknüpft ist, bis in alle Ewigkeit!“
 
Das ist also eine wahre Liebe!
 
Daher muss jeder Mensch, wenn er von der Liebe spricht oder den leider völlig missbrauchten Satz „Ich liebe dich“ gebraucht, wissen, was er dabei eigentlich meint!
 
„Ich liebe dich“ bedeutet, jemanden wahrhaftig zu lieben! Ich liebe dich, weil du bist wie du bist – und weil du doch nichts anderes als du selbst bist! Und genau deshalb gibt es dich auf dieser Welt nur ein einziges Mal, daher bist du für mich absolut einzigartig, völlig egal, ob du gesund oder krank bist, ob du arm oder reich bist, hässlich (in wessen Augen?) oder schön und so weiter.
 
Solch eine Liebe geht niemals verloren!!! Diese Liebe gilt es für jeden von uns zu erreichen.

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