13 Middot
»Schlosch essre Middot« – die 13 Eigenschaften G’ttes. Der Talmud kennt das Sprechen der 13 Eigenschaften bereits und erzählt, G’tt selbst habe sie Mosche gelehrt.
Nicht erst am Vorabend von Jom Kippur, sondern bereits in der Nacht nach der Hawdala des Schabbats, der Rosch Haschana vorangeht, beginnen die aschkenasischen Juden mit der Rezitation der Slichot. Slichot ist der Plural von Slicha, das bedeutet »Verzeihung«. Also könnte man Slichot mit »Verzeihungen« oder »Bitten um Verzeihung« übersetzen.
Am Anfang und am Ende von Jom Kippur begegnen uns die Slichot wieder. Ihnen vorangestellt sind die »Schlosch essre Middot«, die 13 Eigenschaften G’ttes. Sie sind sowohl Teil des Machsors, als auch Teil der täglichen Slichot.
REIHENFOLGE
Der Talmud (Rosch Haschana 17b) kennt das Sprechen der 13 Eigenschaften bereits und erzählt, G’tt selbst habe sie Mosche gelehrt. Sehr frei nacherzählt ungefähr so: Rabbi Jochanan berichtet, nach der Episode mit dem Goldenen Kalb habe Mosche gefühlt, dass die Sünde des Volkes so riesig war, dass er selbst für Israel eintreten musste. Da habe ihn G’tt die 13 Eigenschaften gelehrt und gesagt: »Wann immer Israel sündigt, lass es dies in der richtigen Reihenfolge sprechen, und ich werde ihnen vergeben.« Rabbi Jochanan nennt dies einen Bund mit G’tt. Dieser garantiere dem jüdischen Volk, dass der Weg zur Vergebung offensteht.
Die 13 Eigenschaften, die Großbritanniens früherer Oberrabbiner Jonathan Sacks eine Selbstdefinition G’ttes nennt, sind auch ein Zitat aus der Tora (2. Buch Mose 34, 6–7): »HaSchem, HaSchem, G’tt, erbarmungsvoll, gnädig, langmütig, reich an Gnade und Wahrheit, bewahrt die Gnade bis in die tausendste Generation, verzeiht Schuld, Frevel und Sünde und läutert.«
13 Eigenschaften? Wer die Adjektive zählt, wird recht schnell herausfinden, dass es weniger als 13 sind. Das ist auch schon den Weisen aufgefallen, ebenso die Tatsache, dass ein Teil des Toratextes nicht gesagt wird: »Doch straflos hingegen lässt er nicht; er ahndet die Schuld der Väter an Kindern und Kindeskindern, an der dritten und der vierten Generation.«
MITGEFÜHL
Aus diesem Grund gibt es unterschiedliche Zuweisungen der einzelnen Eigenschaften zu unserem Text. Die Eigenschaften beziehen sich demnach nicht nur auf die Adjektive, sondern auf den gesamten Text, und da gehört die doppelte Nennung des G’ttesnamens dazu. Einmal stehe er für das Mitgefühl vor einer Sünde, so eine Interpretation, und ein andermal stehe er für das Mitgefühl nach der Sünde. Das Wort »G’tt« bedeutet ebenfalls Mitgefühl sowie die Eigenschaft, den Menschen alles nach ihren Bedürfnissen zu geben.
Wenn der Mensch umkehrt und seine Sünden erkennt, dann ist ihm mit den Schlosch essre Middot Verzeihung zugesagt. Der Mensch trifft nicht auf ein gnadenloses Gericht, sondern auf eine Rechtsprechung, die das Element der Vergebung kennt. Darauf bereiten schon die Slichot vor Jom Kippur vor. Und eines noch: Wenn G’tt verzeihen kann, wird dies dem Menschen möglicherweise auch abverlangt.
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