Am Schabbat-Tisch
Rabbi Nathan aus Breslev hatte ein Ritual. Er hat sich immer Leute mit nach Hause genommen, weil niemand neben ihnen sitzen wollte ...
Wir wollen heute Ballett tanzen lernen. Wie geht das? Indem wir uns unsere Urlaubszeit vor Augen halten. Wir hatten ja die vergangenen Tage Pessach gefeiert. Pessach war einfach wundervoll. Wir feierten den Auszug der Israeliten aus Ägypten, was ja ein sehr besonderes Ereignis für uns alle ist, denn es ist das Fest der Befreiung. Es ist etwas Sensationelles und Spektakuläres, was nicht nur für uns Juden ein Highlight darstellt, sondern tatsächlich für jeden Menschen, der sich ganz groß auf seine Flagge „Freiheit – Menschlichkeit – Toleranz“ und all diese süßen Dinge, die es eben im Leben gibt, wenn sie ganz toll auf deiner Flagge stehen, dann ist das Fest der Befreiung etwas Grenzenloses.
Wir hatten viele Gäste an Pessach, das bedeutet zum Beispiel, so wie bei Rabbi Nathan. Rabbi Nathan aus Breslev hatte ein Ritual. Er hat sich immer Leute mit nach Hause genommen, weil niemand neben ihnen sitzen wollte. Rabbi Nathan hatte sich immer diese Leute herausgefischt, die ein bisschen anders waren, vielleicht arm sind, unangenehm riechen, nicht gut aussehen und absolut im Abseits stehen. Aber Rabbi Nathan lud gerade diese Randgruppen zu sich nach Hause ein, weil heute Pessach, Schabbat oder sonstiger jüdischer Feiertag ist.
Eines Tages nahm Rabbi Nathan zum Schabbat einen Mann mit zu sich, der von seinem Äußerlichen und seiner Hygiene her eine wirkliche Ausnahmeerscheinung war. Sein Sohn Yizchak hielten es nicht mehr aus, dass dieser Typ mit an ihrem Schabbat-Tisch sitzt. Yitzchak sprach zu Rabbi Nathan: „Es tut mir leid, ich kann hier nicht mehr sitzen.“ Er stand auf und ging.
Rabbi Nathan war stocksauer, ist auch aufgestanden, ging dem Yitzchak hinterher, packte ihn und knallte ihm eine.
Später fuhr Rabbi Nathan zu Rabbi Nachman aus Breslev und er erzählte Rabbi Nachman alles – jedes Ereigniss, das er in seinem Leben hatte, alles was er in seinem Leben durchlebte. Und auch den Vorfall mit Yitzchak hat er Rabbi Nachman erzählt.
Rabbi Nachman sprach zu Rabbi Nathan: „Pass auf! Ich möchte, dass du aus der Geschichte zwei Sachen in deinem Leben mitnimmst. Die erste Sache: Ich möchte, dass du normale Leute mit zu dir nach Hause nimmst und nicht diese extremen Typen, sondern einfach normale Menschen, weil du kleine Kinder zu Hause hast. Deine Kinder müssen normale Menschen sehen, das heißt, eben jemand, der sauber und gepflegt ist.“
Das heißt nicht, dass du dieser Ausnahmepersönlichkeit nicht helfen sollst. Aber es bedeutet nicht, dass du sie aufheben und zu dir in die Wohnung nehmen sollst – ausgerechnet an Schabbat, wo die ganze Familie zusammensitzt. Das ist der falsche Zeitpunkt, denn Schabbat ist ein Tag der Erziehung – und das auch für dein Kind. Hier musst du deinem Kind auch eine Bühne geben, dass es eben Menschen sieht, die normal sind und nicht so extrem, wie der Gast, der hygienisch total im Abseits war.
Hier wäre es super gewesen, zu der Ausnahmepersönlichkeit hinzugehen und ihr zu helfen.
Da Rabbi Nathan stocksauer auf seinen Sohn Yitzchak war, aufstand und diesem hinterherging, ihn packte und ihm eine knallte, sagte Rabbi Nachman darauf verblüfft: „Ein Kind schlägt man? Ist das Erziehung?!“
Jeder muss sich ins Herz legen, dass man ein Kind nicht schlägt. Du darfst niemals auf ein Kind die Hand erheben!
David Kraus (M.A in Psychologie und Integrativer Psychotherapie | Dipl. Paar- und Familientherapeut | Dipl. Pädagogischer Elternberater) ist Oberrabbiner der Jüdisch-Chassidischen Kultusgemeinde Breslev Deutschland / Israel mit Sitz in Hanau. David Kraus finden Sie bei Facebook.
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