Ruth

Der berühmte Ausspruch von Ruth ist so stark, dass sein Echo noch immer in unserem Gehör widerhallt ...

2 Min.

Rabbiner Avichai Apel

gepostet auf 15.03.21

Ruth wird in Moab als Tochter des moabitischen Königs geboren. Zu einer Zeit, in der sich Israel in einer schweren wirtschaftlichen Krise befindet, die bis zur Hungersnot führt, verlegt eine der reichsten Familien ihren Wohnsitz von Bet Lechem nach Moab. Der Grund dafür ist bedrückend und schmerzhaft. Elimelech, das Familienoberhaupt, kann die vielen Bitten und Wehklagen der Armen nicht mehr ertragen. Deshalb entschließt er sich zum Auszug aus Bet Lechem zusammen mit seiner Frau Naomi und seinen Söhnen Machlon und Kiljon, um keine Fürbitten um Almosen mehr anhören zu müssen. Auch erhofft er sich für seine Familie ein besseres Leben im Gebiet von Moab.

 

Elimelech aber stirbt und lässt seine Witwe Naomi mit deren beiden Söhnen alleine zurück. Die Söhne Elimelechs vermählen sich mit moabitischen Frauen: Machlon mit Ruth und Kiljon mit Orpa. „Und sie haben moabitische Frauen geheiratet. Eine Lehre im Namen von R. Meir: Sie ließen sich nicht konvertieren und tauchten nicht [in der Mikwe] unter (Ruth Rabba 2:9). Machlon und Kiljon sterben frühzeitig.

 

Das Land Israel hat sich in der Zwischenzeit von der Krise erholt. Da erklärt die Witwe Naomi ihren Schwiegertöchtern, dass sie nach Israel zurückkehren wolle. Ihre Schwiegertöchter aber bräuchten nicht mit ihr zu kommen. Orpa überlegt nicht lange und kehrt in das Haus ihres Vaters zurück. „Eine von ihnen hieß Orpa, und sie wandte ihrer Schwiegermutter den Rücken zu, und der Name der Zweiten war Ruth, und sie schloss sich ihrer Schwiegermutter an.“

 

Ruth lässt sich nicht davon abbringen, Ihrer Schwiegermutter zu folgen. Sie fühlt eine starke Verbundenheit zu Naomi, ist barmherzig, mitfühlend und so gut erzogen, dass sie eine Trennung von ihrer Schwiegermutter in einer solch schwierigen Lage für ungebührlich erachtet. Sie akzeptiert nicht, dass die Schwiegermutter sich selbst überlassen bleiben soll, nachdem sie Ruth liebevoll als Mitglied in ihrer Familie aufgenommen hat. Sie will die Güte zurückgeben, obwohl diese Entscheidung eine ungewissen Zukunft und ein beschwerliches Leben bedeutet. Anders als Machlon und Kiljon, die sich assimilieren, absichtlich ihre jüdische Identität vergessenen und nichtjüdische Frauen heiraten, nimmt Ruth das Joch des Judentums freiwillig auf sich.

 

Der berühmte Ausspruch von Ruth ist so stark, dass sein Echo noch immer in unserem Gehör widerhallt, wenn wir jemandem begegnen, der sich für einen Übertritt zum Judentum interessiert. Als Naomi Ruth zu überzeugen versucht, ins Haus ihres Vaters zurückzukehren, verweist sie auf Orpa: „Siehe heimgekehrt ist deine Schwägerin zu ihrem Volke und zu ihren Göttern.“ Orpa kehrt vollends in ihr Vaterhaus zurück und entfernt sich von allem, was sie im Haus von Naomi gelernt hat. Sie kehrt als Moabiterin ohne jüdische Sitten zurück. Deshalb stellt Naomi Ruth die eindringliche Frage, was sie denn im Lande Israel zu suchen habe, in einem fremden Volk mit einem fremden Glauben. Ruth jedoch bekräftigt entschlossen ihre Entscheidung und begründet diese mit den unvergesslichen Worten: „Dein Volk ist mein Volk und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, sterbe ich, und dort will ich begraben werden. So tue mir der Ewige, und so fahre er fort, nur der Tod wird scheiden zwischen mir und dir.“ (Ruth 1:16-17)

 

 

Der Autor ist Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Frankfurt und Mitglied der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD).

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