Ort der heiligen Schechina
Die Schechina ist die Immanenz Gottes, Seine für uns spürbaren Funken in der Welt.
Das Judentum hat den klaren Maßstab, dass nur ein Mensch selbst für seine Fehler und Sünden Buße erfahren kann. Niemand kann sich für meine Fehler aufopfern. Wenn ich etwas falsch gemacht habe, dann muss ich es ich auch wieder ins Reine bringen.
Die Tempelopfer hatten zum Zweck, den Menschen zu einem echten Akt der Reue zu führen. Wer ein Opfer darlegte, aber mit dem Herz nicht reuig auf HaShem zuging, dessen Opfer hatte gar keine Bedeutung. Siehe Kain – er gab ein Opfer. Na und? HaShem wollte es nicht, da er ohne Herz dargelegt hatte.
Aber unmittelbar danach sagte HaShem zu Kain: „Warum bist du jetzt traurig? Lass dein Gesicht nicht so hängen! Wenn du Mir jetzt ein Opfer mit Herz, mit Reue und Liebe darlegst, dann wird dein Opfer größer sein als das von Abel.“
Als der Tempel also zerstört wurde, fielen die Opfer zwar Weg, aber diese waren ja auch nur Mittel zum Zweck. HaShem will unsere Herzen, nicht unsere Opfer. Daher heißt es im Talmud, dass das Gebet heute die Opfergaben des Tempels ersetzt.
Or HaChaim HaKadosch, einer größten jüdischen Gelehrten aller Zeiten, sagt zum Vers: „Will jemand von euch dem Ewigen ein Opfer bringen, …“ (3. Buch Mose 1,2)
Er betont das „von EUCH“. Der Schöpfer will also, dass wir etwas von uns selbst aufopfern, uns von einer Lust oder starken Begierde lösen. Und auf der anderen Seite erfüllen wir auch die Opfergabe, wenn wir mit anderen Menschen über den Glauben mit HaShem reden, Ihm also ein „von UNS“ schenken, indem er nun auch an Ihn glaubt.
Zusammenfassend kann ich mich nur wiederholen: Gott will unsere Herzen und nicht unsere Opfer.
Was bedeutet der Tempel für uns heute?
Der besondere Wunsch eines jeden frommen Juden entspringt einer starken Sehnsucht, nämlich mit eigenen Augen zu erleben, wie HaShem nach Zion in Liebe mit Seiner Barmherzigkeit zurückkehrt. Dieser Wunsch spricht also vom Tempel in Jerusalem.
Aber was hat der Wunsch der baldigen Wiedererbauung des Tempels hier jetzt mit einer Synagoge zu tun?
Die Antwort ergeht daraus: Eine Synagoge wird auch als „Migdasch Meat“ (siehe Hesekiel 11,16) bezeichnet. Sinngemäß ist eine Synagoge also ein „Mini Tempel“. Aber diese „Mini-Version“ des Tempels ist alles andere als klein. So heißt es im Zohar (Bechukotei), dass überall da, wo es eine Synagoge auf der Welt gibt, ein Stein des zerstörten Tempels dorthin gefallen ist.
Auch Rabbi Chaim Palachi schrieb in seinem Buch Birkat Moadecha Lechaim über diesen Fakt, dass jede Synagoge einen Teil des Tempels in sich verborgen trägt.
Vielleicht sagen deshalb unsere Weisen in Sanhedrin 17b, dass es verboten ist, in einer Stadt zu leben, wo es keine Synagoge gibt.
Zu Beginn des Midrasch Eicha Rabati II sehen wir noch einen interessanten Gedanken, vor allem für Menschen, die sich nach Liebe und Frieden sehnen: „Solange die Stimme Jakobs in Synagogen zu hören ist (Juden also in Synagogen beten), solange sind die Hände nicht die Hände Esaus (also nicht die Hände der Feinde Israels, die mit Gewalt versuchen, den Ton hier anzugeben).“
Heute – nach den schrecklichen Novemberpogromen von 1938 – können wir die Ernsthaftigkeit dieser Worte der Weisen Israels historisch belegen. Wir sehen auch, dass nach der Zerstörung des zweiten Tempels die Wichtigkeit einer jeden Synagoge sogar noch an Mehrwert dazu gewann, so heißt es in Sanhedrin 105b: „Wenn es keine Synagogen und Toraschulen gibt, strahlt HaShem Seine Schechina nicht mehr über die Welt aus.“
Rabbi Moshe Cordovero gelang es in Tomer Dvorah den Begriff Schechina hervorragend zu visualisieren.
Man sollte sich vorstellen, was die Sonne ohne ihre Sonnenstrahlen wäre. Man würde die Sonne zwar weit weg am Himmel hängen sehen, aber man würde sie hier nicht spüren, da ja nur die warmen Sonnenstrahlen die Welt und unsere Herzen berühren. Diese Parabel macht im übertragenen Sinne klar, wie unsere Welt aussähe, wenn HaShem Seine Schechina nicht mehr auf die Welt ausstrahlen würde. Die Schechina ist die Immanenz Gottes, Seine für uns spürbaren Funken in der Welt.
Diese himmlischen Funken finden wir vor allem in Synagogen. Eine Synagoge ist somit ein herzlicher Ort; ein Ort, wo sich wundervolle Sehnsüchte und faszinierende Wünsche sammeln; ein Ort, wo wir uns mit unserem Schöpfer verbinden können und uns Ihm nahe fühlen, ein kleiner Tempel gefüllt mit unglaublicher Heiligkeit.
David Kraus (M.A in Psychologie und Integrativer Psychotherapie | Dipl. Paar- und Familientherapeut | Dipl. Pädagogischer Elternberater) ist Oberrabbiner der Jüdisch-Chassidischen Kultusgemeinde Breslev Deutschland / Israel mit Sitz in Hanau. David Kraus finden Sie bei Facebook.
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