Ein Zeichen zwischen mir und euch
Warum das Einhalten des Schabbats zu den wichtigsten Geboten des Judentums gehört...
TRADITION
Warum das Einhalten des Schabbats zu den wichtigsten Geboten des Judentums gehört Paraschat Ki Tissa ist einer der vielen Abschnitte in der Tora, in denen das Gebot vom Schabbathalten erwähnt wird. So steht es im 2. Buch Mose 31, 12–13: »Und der Ewige sagte zu Mosche: ›Du aber sprich zu den Kindern Israels: Doch meine Schabbatot sollt ihr hüten, denn er ist ein Zeichen zwischen Mir und euch in allen Generationen, dass man wisse, dass Ich der Ewige bin, der euch heiligt.‹«
Der Schabbat wird hier und an anderen Stellen in der Tora als ein »Zeichen zwischen dem Ewigen und dem jüdischen Volk« bezeichnet. Auch beim wöchentlichen Kiddusch am Schabbatmorgen wird eine ähnlich lautende Stelle zitiert. Wieso aber gilt der Schabbat als ein Zeichen? Und was genau symbolisiert er?
Vielleicht hilft uns die Antwort auf diese Frage, die enorme Bedeutung des Schabbats besser zu verstehen und eine Antwort auf eine andere Frage zu finden, nämlich wieso unsere Weisen jemanden, der den Schabbat nicht hält, mit einem Götzendiener verglichen.
VERLOBTE
Der Chofetz Chaim (Rabbi Israel Simcha Hakohen Kagan, 1838–1933) schreibt: Wenn zwei Menschen sich verloben, überreichen sie sich gegenseitig Geschenke. Solange sie die behalten – auch wenn Streit zwischen ihnen aufkommt und sie sich übereinander ärgern –, steht fest, dass sie sich wieder versöhnen wollen und letztendlich heiraten werden. Wenn sie jedoch die Geschenke dem anderen zurückgeben, können wir davon ausgehen, dass die Beziehung zu Ende ist.
Der Schabbat wird im Talmud (Schabbat 10 b) als besonderes Geschenk G’ttes an das jüdische Volk bezeichnet. Und genauso wie eine Frau, die ihren Verlobungsring trotz Streits mit ihrem Verlobten behält und deshalb weiterhin zu ihrem künftigen Mann gehört, so bekennt sich auch jeder Jude, solange er den Schabbat hält, zu Haschem, auch wenn er sich möglicherweise von Ihm entfernt hat.
GLEICHNIS
Ein weiteres Gleichnis erzählt von einem Ladenbesitzer: Wenn jemand ein Geschäft eröffnet, macht er einen Aushang. Er bringt am Eingang ein Zeichen an, das allen zeigt, um was für einen Laden es sich handelt, was verkauft wird und wem der Laden gehört. So hängt ein Schuhmacher einen Schuh über den Eingang, ein Schneider eine Schere – und alle wissen, was sie dorthin zum Reparieren bringen können. Und auch, wenn der Laden wegen Krankheit oder Urlaub über längere Zeit geschlossen ist, ist allen klar: Solange das Zeichen über der Eingangstür hängen bleibt, fehlt der Besitzer nur vorübergehend, und wenn er zurückkehrt, öffnet er den Laden wieder. Sobald das Zeichen aber entfernt wird, wird die Räume wohl demnächst ein anderer Besitzer beziehen, der andere Dinge repariert oder verkauft.
Wer den Schabbat hält, bezeugt damit, dass der Allmächtige in sechs Tagen die Welt erschaffen hat und am siebten Tag ruhte. Das sagen wir auch jede Woche am Schabbatmorgen beim Kiddusch: »Es soll ein Zeichen für die Ewigkeit zwischen mir und den Kindern Israels sein, dass G’tt sechs Tage lang den Himmel und die Erde erschaffen hat, und am siebten Tag ruhte Er.«
Phase Wer den Schabbat hält, zeigt damit seine vollkommene Überzeugung, dass dieser Satz wahr ist. Und selbst wenn man nicht perfekt in seinem G’ttesdienst oder in der Ausführung der Gebote ist, Fehler macht und sündigt – solange man den Schabbat hält, zeigt man, dass es sich nur um eine vorübergehende Phase handelt und man auf den rechten Weg und zum Ewigen zurückkommen will.
GÖTZENDIENER
Doch jemand, der wissentlich und willentlich den Schabbat entweiht, der entfernt das Zeichen dieses Bezeugens und wird deshalb von den Weisen mit einem Götzendiener verglichen. Denn indem er den Schabbat öffentlich entweiht, setzt er ein anderes Zeichen, nämlich dass G’tt nicht der Schöpfer der Welt ist.
Aus diesem Grund gehört das Schabbatgebot zu den wichtigsten der Tora und ist essenziell wichtig für das jüdische Selbstverständnis. Denn es geht nicht nur um die einzelnen Gebote selbst, sondern auch um die Botschaft, die dahinter steckt. Nicht ohne Grund sagen unsere Weisen: Weil das jüdische Volk den Schabbat bewahrt hat, hat der Schabbat das jüdische Volk bewahrt.
Denn abgesehen von den familiären, soziologischen und psychologischen Aspekten und Vorteilen des Schabbats stellt er eine unzertrennliche Verbindung zwischen G’tt und dem jüdischen Volk dar, die uns über alle Generationen hindurch als Volk bewahrt hat. Möge diese Erkenntnis zu einer größeren Wertschätzung des Schabbats und seiner Gebote führen und uns dazu bewegen, dass wir dieses wunderbare Geschenk des Allmächtigen entsprechend nutzen.
Der Autor ist Rabbiner in Freiburg und Mitglied der ORD.
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