Halachische Zeiteinheiten

Der Talmud erzählt, dass Gott einen Zwölf-Stunden-Tag hat und ihn in vier gleich große Abschnitte unterteilt.

2 Min.

Chajm Guski

gepostet auf 16.03.21

Der 24-Stunden-Tag beginnt im Judentum am Abend

 

Der Talmud erzählt, dass G’tt einen Zwölf-Stunden-Tag hat und ihn in vier gleich große Abschnitte unterteilt: In den ersten drei Stunden beschäftigt Er sich mit der Tora. Danach, während der nächsten drei Stunden, richtet Er über Seine Geschöpfe, und in den drei darauffolgenden Stunden gibt Er ihnen Nahrung. Am Ende des Tages schließlich, während der letzten drei Stunden, spielt Er mit dem Leviathan (Avoda Sara 3b).

 

So jedenfalls erzählt es Rabbi Jehuda im Namen von Rav. Zuvor sagt er: »Der Tag hat zwölf Stunden.« Meint er damit einen Arbeitstag? Tatsächlich wird im Talmud, wie fast alles, auch die Länge eines Arbeitstages definiert (Bawa Metzia 83b). Der Arbeitstag beginnt bei Tagesanbruch und endet kurz vor Einbruch der Nacht – schließlich soll der Arbeitnehmer noch seinen Weg nach Hause finden.

 

 

SONNENAUFGANG

 

Wie lange arbeitet man also in talmudischen Zeiten jeden Tag? Das hängt davon ab, wann die Sonne auf- und untergeht. Für den Talmud liegen zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang immer zwölf Stunden – sowohl im Sommer als auch im Winter.

 

Für den Talmud und die Halacha hat die Stunde nicht 60 Minuten, sondern sie ist ein Zwölftel der Zeit von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang (Sanhedrin 38b) beziehungsweise ein Zwölftel der Nacht. Drei halachische Stunden entsprechen also einem Viertel des Tages.

 

Und woraus besteht im Talmud eine Stunde? Nicht aus 60 Minuten, sondern aus 1080 Chalakim – Teilen (Rosch Haschana 25a). Diese wiederum lassen sich in je 76 Rega’im – Augenblicke – unterteilen.

 

 

MIZWOT

 

Ein Tag (hebräisch: Jom) besteht also aus zwölf Stunden des Tages und zwölf Stunden der Nacht. Auf der anderen Seite kann Tag aber auch als Gegenteil der Nacht verstanden werden. Denn viele Mizwot dürfen nur während des Tages durchgeführt werden, wie etwa die Beschneidung oder das Anlegen der Tefillin. Man muss deshalb recht genau wissen, wann der Tag beginnt.

 

Der 24-Stunden-Tag hingegen beginnt im Judentum am Abend. Deshalb ist auch der Eingang des Schabbats am Freitagabend und nicht am Samstagmorgen. Dies ist biblisch begründet: »Und es wurde Abend, und es wurde Morgen. Ein Tag« (1. Buch Mose 1,5).

 

Der »Abend« beginnt, wenn die Oberkante der Sonne hinter dem Horizont versunken ist. Auf diesen Sonnenuntergang folgt eine Zeit, die »Bejn HaSchemaschot« (deutsch: zwischen den Sonnen) genannt wird. Das ist die kurze Zeit zwischen Sonnenuntergang und Einbruch der Nacht.

 

 

ABENDGEBET

 

Die Nacht ist eingebrochen, wenn drei mittelgroße Sterne am Himmel zu sehen sind. Ab diesem Zeitpunkt kann das Abendgebet gesprochen werden, und an Chanukka können die Kerzen gezündet werden. Gekommen ist dieser Zeitpunkt laut dem Talmud (Schabbat 35b), wenn die Zeit vorüber ist, die man bräuchte, um eine Entfernung von drei Viertel Mil zu gehen. Eine Mil entspricht etwa 960 bis 1152 Metern. Drei Viertel Mil wären also ungefähr 750 Meter. Man geht für diese Distanz von einer Dauer von zwölf bis 18 Minuten aus.

 

Eine andere interessante Zeitspanne ist die Zeit, die »es dauert, einen kleinen Fisch zu rösten« (Schabbat 35b). Der Schabbat wurde zur Zeit des Tempels durch sechs Schofartöne angekündigt – zwischen einer Folge von Tönen lag genau diese Zeitspanne.

 

Auch die Zeitspanne »Achilat Peras« ist von einem Lebensmittel abhängig. »Achilat Peras« ist genauso lang, wie es dauert, einen halben Laib Brot zu essen (Keritot 12b). Es liegt auf der Hand, dass man darüber diskutieren muss. Und genau das tut der Talmud.

 

 

Dieser Artikel erschien in der Jüdischen Allgemeinen. Mehr über den Autor finden Sie hier.

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