Wir danken Dir

Die Reihenfolge der Danksagung beginnt mit "denn du bist der Ewige, unser Gott" von seiten der Herrschaft an sich, noch bevor wir vom praktischen Nutzen reden.

3 Min.

Rabbiner Uri Scherki

gepostet auf 15.03.21

Im Segensspruch (Bracha) des Dankes, der zweite von dreien am Ende des Schmone-Esre Gebetes, geht es um die Anerkennung der Tatsache, daß wir G~tt trotz unserer zahlreichen Bitten, unsere diversen Mängel zu beheben – womit wir indirekt die Mangelhaftigkeit G~ttes Welt beklagen – ihm trotzdem für das Bestehende Dank zollen müssen, nämlich für das Leben an sich, das wir von G~tt erhielten.

 

Die Reihenfolge der Danksagung beginnt mit "denn du bist der Ewige, unser G~tt" von seiten der Herrschaft an sich, noch bevor wir vom praktischen Nutzen reden, der sich aus dieser Herrschaft ergibt. Ähnliches finden wir im Buche Jehoschua (24. Kapitel), als Jehoschua gegen Ende seines Lebens dem Volk ein "Geschäft" anbot: Entweder akzeptieren sie, G~tt zu dienen, oder sie dienen den Göttern von jenseits des Stromes oder Ägyptens, und nur Jehoschua und seine Familie werden G~tt dienen. Das Volk gab zur Antwort, es werde natürlich G~tt dienen, denn er hat uns ja aus Ägypten herausgeführt und uns dieses Land gegeben; d.h. aus Dankbarkeit also. Darauf antwortete Jehoschua: "Ihr werdet nicht vermögen, dem Ewigen zu dienen; denn ein heiliger G~tt ist er, ein eifervoller G~tt ist er, er wird nicht Nachsicht haben gegen euren Frevel und gegen eure Sünden" (24,19). Damit wollte er ausdrücken, wenn der Dienst an G~tt im Nutzen seinen Ursprung hat, so wird dieser doch durch den vorhersehbaren Schaden aufgewogen, der diejenigen erwartet, die seinen Willen übertreten, so daß es nicht angemessen scheint, G~tt nur unter dem Aspekt des Nutzens zu dienen. Darauf antwortete das Volk: "Nein! Wir wollen doch dem Ewigen dienen" (24,21) – d.h. allein wegen der Tatsache, daß er unser G~tt ist. Erst dann schloß Jehoschua den Bund mit dem Volk in Schchem.

 

Nach der Klärung des Wesentlichen kommen wir auf die Wohltaten G~ttes uns gegenüber zurück: "Zur", Fels unseres Lebens [von lizor, schaffen], die Schöpfung an sich, wobei wir anerkennen, daß sein Licht der Fels ist, aus dem unsere Seelen gehauen sind. "Fels unseres Lebens" – die zusätzliche Lebendigkeit zum Leben an sich. "Schild unseres Heils" im Sinne von Aufrechterhaltung aller Existenz, die sich ohne die Gnade seiner ununterbrochenen Stützung sofort in Nichts auflösen würde. "..bist du von Generation zu Generation" – das Erscheinen der Göttlichkeit im Verlaufe der Geschichte, wie im Buche "Kusari" besonders hervorgehoben.

 

Die Schilderung G~ttes Wohltaten an sich bedeutet allerdings ein gewisses theologisches Problem: Kann man denn so ohne weiteres G~ttes Taten schildern, ohne seiner Größe Abbruch zu tun? "Ein Gleichnis: Als wenn man einen König von Fleisch und Blut, der tausende Myriaden Golddenare besitzt, wegen silberner preisen würde. Wäre dies nicht für ihn eine Herabsetzung?!" (Brachot 33b). Darauf antwortete der MaHaRaL ("hohe Rabbi Löw" aus Prag): Die Sache ist erlaubt, wenn die Absicht des Lobenden darin besteht, seiner moralischen Pflicht des Bedankens Genüge zu tun, aber keine philosophischen Definitionen des Vermögens G~ttes festlegen will. Das ist die Bedeutung des Begriffes "Wir wollen dir danken", und darum "deinen Ruhm erzählen".

 

"Für unser Leben, das in deine Hand gegeben", das seelische Leben. "..und unsere Seelen, die dir anvertraut", Seelen = Neschamot, hier im Sinne von Neschimot, Atemzüge – das körperliche Leben. "..und deine Wunder, die uns täglich zuteil werden, und deine Wundertaten und Wohltaten zu jeder Zeit, abends, morgens und mittags" – die Ereignisse des täglichen Lebens.

 

"Es wollte der Heilige, gelobt sei er, die Welt schaffen" aus Gnade, "mit der Eigenschaft des Rechtes (Midat HaDin) – und als er sah, daß die Welt so nicht bestehen kann, beteiligte er dabei die Eigenschaft des Erbarmens; und die Welt bestand" – das ist das Gute (nach Midrasch raba). Und darum: "Allgütiger, dein Erbarmen ist nie zu Ende, Allbarmherziger, deine Gnade hört nie auf, von je hoffen wir auf dich" – seit du die Welt schaffen wolltest.

 

"Allgütiger ist dein Name", wenn du gütig zu uns bist, "und dir ist schön zu danken", auch wenn du uns strafst, denn man muß sich auch für das Unheil bedanken, um nicht den Glauben an die Einzigkeit G~ttes zu mindern. Dieser Aspekt ist nur angedeutet – um dem himmlischen Ankläger keinen Aufhänger zu liefern.

 

 

Dieser Artikel erschien auf der Seite Kimizion.org. Aus dem Hebräischen übersetzt von Rafael Plaut.

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