Drei Wege zum Happy End

Es gibt also drei Wege, die zu einem „Happy End“ führen ...

3 Min.

Rabbiner David Kraus

gepostet auf 15.03.21

FRAGE: In der Thora, bei den Neviim oder in den Kommentaren werden häufig konkrete Prophezeiung erwähnt, z.B. vom Churban des Beit HaMigdasch (beider Tempel). So heißt es, dass Yossef und Binyamin in Mizraim die Zerstörung der Tempel als Propheten gesehen haben. Allerdings heißt es in diesem Fall, dass dieses Unglück auf menschliche Sünden zurückgeht. Wie passt demnach die Meinung von der Freiheit des menschlichen Willens, sich eigenständig für die Sünde zu entscheiden, mit diesen konkreten Prophezeiungen zusammen?

 

ANTWORT: Jede Prophetie schränkt in keinster Weise den freien Willen ein. Eine Prophetie ist eine Art „Dopamittel“, welches bezweckt, den freien Willen für das Gute zu mobilisieren. Wenn die Prophetie z.B. einen schlechten Ausgang prophezeit, dann ist das noch lange kein Beinbruch, denn „Tschuwa“, „Tefilla“ we „Zedaka“ maawirim et roa hagsera.

 

Es gibt also drei Wege, die zu einem „Happy End“ führen.

 

Der erste Weg: „Tschuwa“ tun bedeutet, wir kehren zu unserem wahren Selbst zurück, da ein Mensch ja seinem Wesen nach gut ist. Gier oder Versuchungen können ihn jedoch zeitweilig daran hindern, er selbst zu sein.

 

Der zweite Weg: „Tefilla“, wir binden uns an Gott, eine echte emotionale Verbindung wird also zum Schöpfer des Lebens hergestellt; ein traumhaftes Gefühl.

 

Und dann noch der dritte Weg: „Zedaka“, was bedeutet, wir teilen unseren Besitz aus Rechtschaffenheit. So verwandeln wir die Verheißung in ein Happy End. Und wenn die Prophetie eine Gute ist, dann kann man auch das Beste aus sich heraus holen, damit wir das himmlische Geschenk schneller und vielleicht auch noch größer als erwartet in Empfang nehmen können. Schließlich will niemand gerne lange auf etwas Gutes warten …

 

Jede Prophetie bindet sich direkt an die Bedingung der Umkehr. Siehe Raschi zu 1. Buch Moses, Kapitel 45, Vers 14. Yossef beweinte die zwei Tempel, die geografisch im Bereich von Binjamin positioniert sind und dort zerstört werden. Und Binjamin beweinte den Mishkan Shilo, der geografisch im Bereich Yossefs ist und dort zerstört wird.

 

Unsere Weisen fragen, warum sie ausgerechnet jetzt über etwas weinen, dass in der Zukunft stattfinden wird, schließlich erleben sie jetzt gerade einen tollen Augenblick im Leben. Also warum weinen? Und noch mehr: Warum weint jeder über den zerstörten Teil des anderen?

 

Yossef und Binjamin sahen die zerstörten Tempel und dabei hat HaShem ihnen auch verraten, dass die Zerstörung der Tempel aus grundlosem Hass resultierte. Sie begannen zu weinen, da sie befürchteten, dass ihre erlebte Familientragödie, wo sie alle voneinander getrennt waren, aus grundlosem Bruderhass resultierte und dieser Hass nun über Generation seinen Lauf nehmen wird und somit der Startschuss für die Zerstörung der Tempel ist.

 

Die Tatsache, dass jeder der Beiden über die zerstörte Hälfte des anderen weinte, offenbart uns den Tikkun, also die Korrektur des grundlosen Hasses. Jeder muss die Liebe zu seinem Nächsten so sehr intensivieren, sodass es einem deutlich mehr weh tut, den zerstörten Teil seines Nächsten zu erleben als das Erleben der eigenen Zerstörung.

 

Das Weinen von Yossef und Binjamin erzählt uns von Liebe und Herz. Binjamin wusste, dass die Tempel in seinem Bereich erst dann erbaut werden, wenn der Mishkan im Bereich Yossefs zerstört wird. Und dennoch war es Binjamin lieber, dass die Tempel erst gar nicht auf seinem Boden erbaut werden, er will darauf verzichten, nur damit der Teil Yossefs ja nicht zerstört wird. Dieses Verhalten nennen unsere Weisen „Nosse Beol Chavero“, was bedeutet, die Last seines Freundes zu tragen, also den Schmerz und die Emotionen meines Nächsten nachzuempfinden.

 

Wir sehen also, dass da nichts Vorbestimmt ist, im Gegenteil. Diese Prophetie ist eine Art „Dopamittel“, welches bezweckt, den freien Willen für die Liebe zu mobilisieren.

 

 

David Kraus (M.A in Psychologie und Integrativer Psychotherapie | Dipl. Paar- und Familientherapeut | Dipl. Pädagogischer Elternberater) ist Oberrabbiner der Jüdisch-Chassidischen Kultusgemeinde Breslev Deutschland / Israel mit Sitz in Hanau. David Kraus finden Sie bei Facebook.

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