Hoffnung für Übeltäter

Was ist der Unterschied zwischen Noach, Avraham und Moshe?

3 Min.

Rabbiner Shalom Arush

gepostet auf 01.12.19

Der Lehrer Gadi steht vor dem Direktor, mit Tränen in den Augen. Er fleht den Direktor an, Gnade mit Josi zu haben. Josi ist ein schwieriger Schüler. Es vergeht kein Tag, ohne dass er andere Kinder schlägt. Schüler gehen wegen ihm weinend nach Hause und kommen am Morgen mit Angst zur Schule. Josi war oft beim Direktor, und auch seine Eltern, ohne dass sich etwas änderte. Bis der Direktor jetzt die schwere Entscheidung trefen musste, Josi der Schule zu verweisen. Der Lehrer Gadi hatte Mitleid mit Josi, als er davon hörte, und will das schwere Urteil abwehren. Der Direktor hört Gadi zu, aber er ändert seine Entscheidung nicht.

 

Was haltet ihr von dieser Geschichte? Das ist ein wenig übertrieben, Mitleid mit Josi zu haben, oder? Sollte Gadi nicht Mitleid mit denen haben, die von Josi geschlagen werden?!

 

 

Diese Fragen kann man nicht nur an den Lehrer Gadi richten, sondern auch an Avraham Avinu! Avraham bittet HaShem, Erbarmen mit Sdom zu haben – mit den größten Sündern ihrer Zeit. Sie foltern Menschen zu Tode, die anderen Zedeka geben. Sie sündigen gegen den Himmel und noch mehr gegen die Geschöpfe. Wieso betet Avraham um ihre Erlösung?

 

Avraham redet über die Gerechten in der Stadt. Kann HaShem die nicht einfach aus dem Untergang retten, wie er Lot gerettet hat? Warum bittet Avraham, die ganze Stadt zu retten, wenn es ein paar Gerechte gibt? Wie kannst du Erbarmen mit den Übeltätern haben, und nicht mit denen, die von ihnen misshandelt werden? Am Ende wurde Sdom verstört. Aber wie konnte Avraham für Sdom bitten?

 

Das Buch Sohar behauptet, dass Avraham nicht richtig gebetet hat. Wenn Moshe für Sdom gebetet hätte, wäre die Stadt gerettet worden. Moshe hat der Sünde mit dem goldenen Kalb aus ganzem Herzen für die Sünder selbst gebetet. Avraham redet über die Gerechten. Man soll also für die Gerechten beten?

 

 

Kehren wir nochmal zurück zum Lehrer Gadi. Vielleicht sollte er dem Direktor sagen: "Josi ist kein schlechtes Kind. Es gibt keine schlechten Kinder. Es gibt nur Kinder, denen es schlecht geht. Ich will der persönliche Erzieher von Josi werden, mit ihm lernen, spielen, reden. Ich will ihm helfen, seine Energie in postive Dinge umzusetzen. Das wird ein bisschen Zeit in Anspruch nehmen. Aber so kann Josi sich ändern!" – Vielleicht hätte der Direktor das akzeptiert.

 

 

Jeder Mensch hat eine reine Seele. So müssen wir uns selbst sehen, und so müssen wir andere sehen. Noach war gerecht, aber er glaubte weder an sich selbst, noch an andere. Darum hat er niemanden zu HaShem geführt und auch sich selbst gerade so gerettet. Bei Avraham sah die Situation schon anders aus. Darum hat er Menschen zu HaShem geführt und wurde ausgewählt, Vater des Volkes zu werden, das die Welt korrigieren soll. Er glaubte auch an die reine Seele der Übeltäter von Sdom. Er glaubte, dass einige Gerechte in der Stadt, positiv auf die anderen einwirken und sie korrigieren können.

Moshe ging noch einen Schritt weiter. Er glaubte auch an den Geringsten im Volk Israel. Rabbiner Nachman sagt es so: Wenn ich einen Juden sehe, der weit weg von HaShem ist – so will ich doch mit ihm verbunden sein, wie Moshe sich mit dem sündigenden Volk verband. Auch der größte Sünder hat einen göttlichen Funken, und darum will ich mit ihm verbunden sein.

 

 

Hier liegt eine wichtige Botschaft für den Menschen mit sich selbst, mit seinem Gegenüber, und für das Gebet.

Dir selbst gegenüber mach dir klar, dass Moshe Rabeinu an dich glaubt – Er will mit dir verbunden sein, auch wenn deine geistliche Lage grauenvoll ist. Moshe glaubt nicht an dich, damit du einfach weiter machen kannst wie bisher, sondern um dir zu sagen, dass du mächtiger bist, als du glaubst. Du hast unglaubliche Kräfte, um dich zu ändern. Darum glaub auch du selbst an dich und gibt niemals auf!

 

Deinem Mitmenschen gegenüber, urteile über niemanden schlecht. Glaube an die reine Seele, die jeder hat. HaShem will nicht, dass die Bösen sterben. Er will, dass wir an die Bösen glauben, und ihnen die Kraft geben, sich zu ändern.

 

Und bete immer für jede Art von Erlösung. Denk niemals "ich bin nicht gut genug". Dein Gebet ist geliebt und gewollt. HaShem will wir alles Gute auf der Welt geben. "Ich bin nicht gut genug" ist nicht Demut, sondern Depression. Du musst dir denken "Ich bin ein geliebtes und gewolltes Kind. Ich habe die Kraft, ein Gerechter zu sein."

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