Abstinenz

Ein Mann, der von sexuellen Lüsten besessen ist, befindet sich wie in einer Sklaverei ... Die Abstinenz kommt in unserer Generation wohl mit Sicherheit für niemanden mehr in Frage!

4 Min.

Rabbiner Shalom Arush

gepostet auf 05.04.21

Die größte Strafe
 
Ein Mann, der von sexuellen Lüsten besessen ist, befindet sich wie in einer Sklaverei; dies ist es eine schreckliche Strafe, da man dadurch ein Gefangener seiner eigenen Schwäche ist. Andauernd verspürt solch ein Mann den Drang nach einem illusorischen Vergnügen, das ihm niemals wahre Befriedigung verschaffen wird.
 
Da wir nun verstehen, dass es sich dabei um eine Strafe handelt, müssen wir nun auch davon ausgehen, dass eine Sünde dieser Strafe vorangegangen ist. Denn wir wissen durch den Talmud: „Es gibt keine Qualen ohne vorher begangene Sünden.“
 
Die Arroganz ist in der Regel die Hauptursache für fast alle darauf folgenden Probleme. Wenn ein Mann also ständig von sexuellen Lüsten heimgesucht wird, dann nur, weil er arrogant ist. Deshalb haben die bei ihm immer stärker werdenden Sexobsessionen den Zweck, ihm aufzuzeigen, dass er demütig werden muss.
 
Unsere Weisen lehrten uns diesbezüglich, dass Arroganz die Quelle der verbotenen Lüste ist, so wie es ausdrücklich im Talmud (Traktat Sota, Seite 4 b) heißt:„Wer arrogant ist, wird sich am Ende mit einer verheirateten Frau versündigen, denn: der kostbaren Seele einer verheirateten Frau jagt er nach. [Sprüche des Königs Salomon, Kapitel 6, Vers 26]“
 
Daher lautet die Formel: Du bist arrogant – dein Heilmittel ist die Demut. Rabbi Nachman aus Breslev führte diesen Gedanken sogar noch weiter aus, indem er das Gesagte mit dem Tratsch Mirjams und Aarons über Moses verknüpfte. (Likutey Moharan Band 1, Lektion 130)
 
Die Thora lehrt uns (4. Buch Moses, Kapitel 12, Satz 1 und 2), dass Mirjam und Aaron über die kuschitische Frau sprachen, die Moses geheiratet hatte. Raschi (Rabbi Schlomo ben Itzchak) erklärt, dass die Kuschitin, also Moses Frau Zippora, außergewöhnlich schön war. Nachdem Mirjam und Aaron also herausgefunden hatten, dass der Prophet Moses aufgrund seiner sehr engen Beziehung zu Gott keinen körperlichen Kontakt mehr mit seiner Frau pflegte, war es für sie dennoch ein Rätsel, dass Moses nicht den körperlichen Kontakt zu seiner betörend schönen Frau suchte.
 
Im darauffolgenden Satz (4. Buch Moses, Kapitel 12, Satz 3) bezeugt Gott: „Moses aber war ein sehr bescheidender Mann.“, Rabbi Nachman erklärt nun, dass diese Nebeneinanderstellung kein Zufall ist. Als Gott sah, wie Mirjam und Aaron so über Moses sprachen, gab er ihnen den erkennenden Blick, damit sie verstehen, dass Moses aufgrund seiner äußersten Demut durchaus in der Lage war, sich von seiner Frau Zippora körperlich zu trennen. Im kabbalistischen Buch Zohar heißt es dazu (bezugnehmend auf das 3. Buch Moses, Kapitel 15), dass alle schlechten Neigungen und sexuellen Lüste dasselbe darstellen. Die Arroganz öffnet die Tür zur schlechten Neigung. Wenn jemand also meint „groß – also arrogant und hervorragend – zu sein“, wird seine schlechte Neigung ihn mit sexuellen Lüsten überrollen. Wer allerdings bescheiden ist, der erfährt nur Gutes und somit bekommt er von allem genau das, was er benötigt.
 
Bei allem im Leben ist eine richtige Proportion notwendig. Wenn es beispielsweise über Wochen hinweg regnet, dann wird wohl eine Überschwemmung zwangsläufig das Ergebnis sein. Somit ist der Segen, den ein Regen auf die Welt legt, in diesem Fall wahrhaftig ein Fluch, da es ohne jegliche Proportion auf uns niederprasselte. Wenn es aber zur richtigen Zeit und im richtigen Maß regnet, dann ist der Regen ein richtiger Segen.
 
Durch dieses Beispiel ist nun klar, dass man durch Demut in der Lage ist, in allem die richtige Proportion zu erkennen und zu erleben und damit ist man ein gesegneter Mensch. Ein Mensch, dessen Ehe ein Traum ist, dessen Kinder Engeln gleichen, dem es finanziell auch immer besser geht – und alles nur, weil er selbst bescheiden ist.
 
Nicht zerstören
 
Das Gesagte bedeutet aber nicht, dass man – so wie Moses – in sexueller Enthaltsamkeit leben sollte. Die Abstinenz kommt in unserer Generation wohl mit Sicherheit für niemanden mehr in Frage! Nur ein Mensch wie Moses, der mit Gott von Angesicht zu Angesicht tagtäglichen Kontakt hatte und zu dem Gott ausdrücklich sagte: „Du aber bleibe hier bei Mir“ (5. Buch Moses, Kapitel 5, Satz 28) kann so leben, da er sich dadurch ja schließlich auf einem sehr hohen spirituellen Level befindet. Des Weiteren hat Moses seine Frau mehr als geehrt und respektiert, er hat sie mit Liebe überhäuft und war immer voller Rücksicht bei alles und allem.
 
Infolgedessen darf sich niemand von seiner Ehefrau sexuell enthalten. Im Gegenteil, zu Beginn dieses Kapitels haben wir ausführlich erklärt, wie dieser emotionale und körperliche Höhepunkt innerhalb einer Ehe auszusehen hat. 
 
Neben der Erfüllung dieser Punkte liegt es ebenfalls in unserer Pflicht, uns soweit wie möglich von verbotenen Lüsten zu entfernen – und dies erreicht man eben nur durch Bescheidenheit. Ein arroganter Mann will immer – und durchaus auch mit jeder Frau – nur einen sexuellen Kontakt. Wie bereits erwähnt, spielt es für solch einen Mann keine Rolle, wen er zu Augen bekommt, ob es seine eigene Frau ist oder eine fremde Frau; ob die Frau seine Sprache spricht oder nicht; ob sie seinem Alter entspricht oder nicht; ob es sich dabei tatsächlich um eine lebende Frau handelt oder etwa nur um ein Bild bzw. ein Objekt.
 
Sogar ein nurherumhängendes Kleidungsstück einer Frau kann bei einem Mann bereits dazu führen, eine Erregung zu bekommen. All diese geisteskranken Wünsche gilt es zu eliminieren, denn nur so kann man wirklich seine Frau glücklich machen und selber wahre Befriedigung erfahren.
 
Allerdings erreicht man die Tilgung dieser krankhaften Gedanken auf keinen Fall durch eine Abstinenz. Viele junge Männer scheitern kläglich bei ihrer Suche nach Gott und somit auch nach Heiligkeit. Entweder heiraten sie erst gar nicht, oder wenn sie heiraten, meinen sie plötzlich ihre Frau quälen zu dürfen, indem sie sich jetzt wie ein Prophet aufspielen. Ein Mann muss wissen, dass die Arbeit an der persönlichen Heiligkeit seine ganz persönliche Sache zwischen ihm und Gott darstellt. Daher sollte man auch diesbezüglich kein Wort an die Frau richten, da sie es nur als eine Beleidigung ihr gegenüber interpretieren würde – also dass er sie nicht mehr liebt oder nicht weiter mit ihr zusammenleben möchte.
 
Heran ans Werk
 
Jetzt können wir endlich auch verstehen, weshalb unsere Weisen erklärten: „Derjenige, der nicht verheiratet ist, kann nicht als wahrer Mensch bezeichnet werden.“
 
Ein Junggeselle, der nach Frauen giert, ist deshalb – wie wir gelernt haben – in Schwierigkeiten. Aber auf der anderen Seite gibt es nichts, was ihn dazu motivieren könnte, von dieser Leidenschaft zu lassen. Aber sobald ein Mann innerhalb einer Ehe lebt und seine Frau bemerkt seine Sexbesessenheit, zerstört er dadurch über kurz oder lang eigenhändig seine Beziehung mit ihr. Somit verwandelt sich ihr kleines gemütliches Heim in ein Schlachtfeld des Schmerzes, der Wut und des Kummers.
 
Ein lediger Mann steht nicht vor solchen Herausforderungen, deshalb macht er auch immer, was ihm gerade einfällt. Mit anderen Worten hat ein verheiratet Mann keine Alibis – er muss etwas tun, um seine verbotenen Lüste in den Griff zu bekommen. Deswegen verdient er den Status, als wahrer Mensch bezeichnet zu werden.

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