Bis der Tod uns trennt

Es war die Hochzeit des Jahres! Überall sagten die Leute: Liebe! Man ist so glücklich, dass dich jeder um dein Glück beneidet oder man ist so verzweifelt das man sterben will …

4 Min.

Rabbiner Shalom Arush

gepostet auf 05.04.21

Es war einmal ein Mann, der sich wegen der Kinderlosigkeit nach einer inzwischen zehnjährigen Ehe von seiner Frau scheiden lassen wollte!
 
Er war davon überzeugt, seine Frau wäre zeugungsunfähig und deshalb wollte er unbedingt in einer zweiten Ehe versuchen, seinen Kinderwunsch in Erfüllung gehen zu lassen …
 
Er offenbarte diese Gedanken dann auch seiner Frau, die darüber – gelinde gesagt – schockiert war!
 
Sie sagte: „Ich glaube, es ist jetzt das Beste für uns, wenn wir zum Rabbi gehen und du ihm deine – wie soll ich sagen – Wünsche offenbarst …“
 
Wie gesagt – so getan.
 
Sie gingen also gemeinsam zum berühmten Rabbi Schimon Bar Jochai. Der Ehemann erzählte diesem daraufhin sein Anliegen und der Rabbi erwiderte empört: „Was! Du willst dich scheiden lassen! Und auch noch wegen solch einer Sache! Ich kann das nur genehmigen, wenn du dich in der gleichen Form scheiden lässt, wie du geheiratet hast!“
 
Der Rabbi forderte ihn also auf, seine Scheidung so zu organisieren, wie er vor zehn Jahren seine Hochzeit auf die Beine stellte!
 
So gesagt, organisierte er ungeniert ein riesiges Festessen mit Musik und allem was man normalerweise bei einer Hochzeit so macht!
 
Doch bei diesem etwas außergewöhnlichen Spektakel gab er den Gästen bekannt, morgen früh werde er sich in einem Gerichtsverfahren von seiner Frau scheiden lassen.
 
Die arme Frau spielte sein merkwürdiges Spiel mit, ohne zu klagen oder zu murren …
 
Im Gegenteil, sie gab ihm reichlich Wein zu trinken, sodass er am Ende völlig betrunken zu seiner Frau sprach: „Ach mein Schatz! Bitte geh jetzt nach Hause und nimm dir alles, was dein Herz begehrt. Alles, was du möchtest, soll dein sein und deshalb kannst du es frühmorgens in das Haus deiner Eltern bringen lassen.“
 
Nach dieser etwas anderen Scheidungszeremonie wachte der Mann am nächsten Tag aus seinem Suff, neben seiner Frau liegend, im Gästezimmer seines – jetzt für ihn – ehemaligen Schwiegervaters auf!
 
Schockiert und verwirrt fragte er seine Frau: „Was mache ich hier!“
 
Darauf erwiderte seine Frau:  „Bevor du mich gestern wegschickt hattest, sagtest du zu mir, ich könne jetzt nach Hause gehen und mir alles nehmen, was mein Herz begehrt! Alles, was ich möchte, solle mein sein und deshalb darf ich es auch in das Haus meiner Eltern bringen lassen, so sagtest du! Als ich dann zu später Stunde unser Haus betrat, bat ich einige Männer, dich in das Haus meiner Eltern zu tragen, denn ohne dich wäre ich diese Nacht nicht eingeschlafen! Ohne dich wäre ich alleine nirgendwo hingegangen! Ohne dich wäre ich einfach nie wieder zur Ruhe gekommen, denn alles was ich will – bist du! Alles, was mein Herz begehrt, – bist du! Alles, was ich mitgenommen habe, – bist du! …“
 
Mehr lässt sich zu dieser Geschichte nicht hinzufügen … !
 
Zwischen diesem Paar herrschte eine unbeschreiblich große Liebe und deshalb verstanden sie auch, dass der Frieden über allem stehen muss, sein Wert ist kaum zu überschätzen! Die weise Frau verstand, dass es sich bei den völlig idiotischen Scheidungsabsichten ihres Mannes lediglich um unbeschreiblich starke und außergewöhnlich laute Hilfeschreie handelte, die unmissverständlich zum Ausdruck brachten: „Ich weiß nicht, wie ich mit meinem Schmerz umgehen soll! Dem Schmerz, dass wir keine Kinder haben! Bitte verzeih mir alles, was ich jetzt in dieser Situation sage und mache! Lass mich bitte nicht im Stich, denn ohne dich kann mein Herz nicht weiterschlagen …!“
 
Dieses Paar ist ein Musterbeispiel in Sachen wahrer Liebe! In das Herz der Frau war – wie in einem Siegelring – der Name ihres geliebten Mannes eingraviert und deshalb geschah, was geschehen musste!!! Die Liebe ging als klarer Sieger hervor! Die wahre Liebe war schon immer da und deshalb wird sie auch niemals ihr Ende finden …!
 
Wenn es sich bei diesem Paar nicht um die wahre Liebe – die also einem Ring gleicht – gehandelt hätte, dann hätte die Frau ihm, noch bevor sie zum Rabbi gegangen wären, dafür die Rote Karte gezeigt!
 
Solch ein Verhalten ist mit Sicherheit alles andere, nur eben nicht von der Liebe geprägt, denn wenn das Liebe wäre, was bitteschön wäre dann Hass!?
 
Doch zum besseren Verständnis der Geschichte muss man hervorheben, dass es im Schulchan Aruch (dem Gesetzbuch der Thora) heißt, man darf sich auf keinen Fall scheiden lassen! Es sei denn, es wurde Ehebruch begangen. Des Weiteren überlässt der Schulchan Aruch einem Mann die Entscheidung, ob er sich von seiner Frau nach 10-jähriger Ehe, in der ihm seine Frau noch keine Kinder auf die Welt brachte, scheiden lässt oder eben nicht. Im Nachhinein ist diese Entscheidungsfreiheit nur formal vorhanden, denn schließlich offenbarte uns der Talmud (Traktat Ta´anit, Seite 2a), dass Gott einzig und alleine entscheidet, wann ein Mann mit seiner Frau Kinder haben wird, so wie es heißt: „… Gott erhörte ihr Flehen (das Flehen Rachels) und öffnete ihre Gebärmutter … und sie wurde schwanger …“ (1. Buch Moses, Kapitel 30, Satz 22 – 23)
 
Die Erklärung dafür ist bahnbrechend! Wie in jedem Gesetzbuch bleibt einem Menschen nicht viel Spielraum. Denn entweder heißt es dort, du musst dieses und jenes tun … oder du darfst dieses und jenes eben nicht tun …! Doch bei dieser Scheidungssache heißt es dann plötzlich: du kannst, wenn du willst …!
 
Jeder Mann, der an Gott glaubt, würde sich deshalb auch niemals von seiner Frau scheiden lassen! Da er ja schließlich weiß, dass alles von Gottes Hand herbeigeführt wird und erst recht die Sache mit den Kindern. Ein gutes Beispiel dafür ist die Kinderlosigkeit des letzten Lubawitscher Rebben, Rabbi Menachem Mendel Schneerson – und sein Verhalten dazu!
 
Mit anderen Worten erhält jeder Mensch, der sich in solch einer Situation befindet, eine Urkunde ausgehändigt, in der steht, dass er den vollkommenen Glauben an Gott hat! Im Gegensatz dazu erhält ein Mann, der sich aufgrund der Tatsache, dass seine Frau ihm nach 10-jähriger Ehe immer noch keine Kinder schenkte und sich deswegen von ihr scheiden lässt, eine Urkunde, auf der steht, dass er sich lieber anders hätte entscheiden sollen, da er nun mit seinem Verhalten bestätigt hat, dass er nicht den Glauben an Gott hat!       
 
Und da dieses Paar voll auf den Hausfrieden – und somit auf ihre Liebe – setzte, wurden sie ein Jahr nach diesem Ereignis Vater und Mutter, alles wurde gut! Wer allerdings nicht auf den Frieden mit seiner Frau setzt und sich stattdessen gegen die Liebe entscheidet, der braucht sich dann auch nicht zu wundern, wenn alles, wie bei der Geschichte mit meinem Schüler, außer Kontrolle gerät!
 

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