Edelsteine

Es war einmal ein König, der hatte keine Kinder. Aus Angst sein Reich könne wegen seiner Kinderlosigkeit in fremde Hände fallen, war er bereit alles zu tun ...

4 Min.

Rabbiner Nachman aus Breslev

gepostet auf 05.04.21

Die Erzählungen des Rabbi Nachman aus Breslev
 
Die fünfte Erzählung handelt:
 
 vom Königssohn, der aus Edelsteinen bestand 

 
Es war einmal ein König, der hatte keine Kinder. Deshalb holte er sich von Ärzten Rat ein, um der Befürchtung zu entgehen, sein Reich könne aufgrund seiner Kinderlosigkeit in fremde Hände fallen. Die Ärzte konnten ihm aber nicht helfen. Deshalb befahl er den Juden in seinem Reich, um ihn und für ihn zu beten, damit er schließlich doch noch Kinder bekommen könne.

Die Juden machten sich auf die Suche nach einem Zaddik, also nach einem sehr gerechten und weisen Mann unter ihnen, damit der bete und bewirke, dass der König endlich Kinder haben wird. Nach einiger Zeit fanden sie dann schließlich einen verborgenen Zaddik und sagten ihm, er solle darum beten, der König möge doch noch mit Kindern gesegnet werden. Der Zaddik aber antwortete, er wisse gar nichts …

Die Juden setzten den König davon in Kenntnis und er ließ den Zaddik daraufhin sofort zu sich beordern. So brachte man ihn also vor den König.
 
Der König begann wohlwollend mit ihm zu reden: „Sicherlich weißt du, dass ich die Juden in der Hand habe. Ich kann mit ihnen machen, was ich will. Daher bitte ich dich nun im Guten: Bete, dass ich Kinder bekomme.“
  
Der Zaddik versicherte ihm nun, er würde noch im selben Jahr ein Kind bekommen – und kehrte dann heim.

Und wie versprochen brachte die Königin noch im selben Jahr eine Tochter von außerordentlicher Schönheit zur Welt. Die Tochter war sehr begabt. Im Alter von nur vier Jahren kannte sie alle Wissenschaften, war aller Sprachen mächtig und wusste Musikinstrumente zu spielen. Aus allen Ländern kamen Könige, um sie zu sehen, und der König war deshalb natürlich voller Freude und Stolz.

Doch nach einiger Zeit sehnte sich der König nach einem Sohn, um sein Reich nicht einem Fremden vererben zu müssen. Also befahl er den Juden wieder zu beten, aber diesmal, dass er einen Sohn bekäme. Auf ein Neues gingen die Juden auf die Suche nach dem Zaddik, allerdings fanden sie ihn diesmal nicht, denn er war inzwischen verstorben.

Deswegen suchten sie nun nach einem anderen gerechten und weisen Mann und fanden dann schließlich einen anderen verborgenen Zaddik, dem sie sagten, er solle dem König zu einem Sohn verhelfen. Doch auch dieser Zaddik sagte, er wisse gar nichts.

Wieder setzten sie den König davon in Kenntnis, der den Zaddik daraufhin zu sich holen ließ. Als der Zaddik dann vor dem König stand, betonte der König erneut: „Sicherlich weißt du, dass ich die Juden in der Hand habe …“

Der Weise, also der Zaddik, sprach: „Wirst du auch tun können, was ich dir auferlege?“ Der König bejahte dies.

Der Weise sagte dann zu ihm: „Du musst mir Edelsteine aller Arten bringen, denn jeder Edelstein hat seine besondere Eigenschaft. Die Könige besitzen ein Buch, in dem alle Arten von Edelsteinen beschrieben sind.“

 Der König antwortete: „Für einen Sohn gebe ich das halbe Königreich.“Anschließend ging er los und brachte ihm Edelsteine aller Arten.

Der Weise nahm die Steine, zerstieß sie zu Pulver und schüttete es in einen Becher Wein. Die eine Hälfte des Bechers ließ er den König, die andere Hälfte die Königin trinken. Nachdem sie ausgetrunken hatten, sagte er ihnen, dass sie nun einen Sohn haben werden, der vollends aus Edelsteinen sein wird und der alle Eigenschaften dieser Steine besitzen wird – danach kehrte der Zaddik heim.

Und wie versprochen gebar die Königin einen Sohn. Der König war nun unbeschreiblich glücklich – allerdings störte ihn ein wenig, dass sein Sohn nicht – wie vom Zaddik versprochen – vollends aus Edelsteinen war.

Er war aber sehr begabt. Mit nur vier Jahren war er bereits von überaus schöner Gestalt, sehr weise in allen Wissenschaften und sprach schon alle Sprachen. Von überall her kamen Könige gereist, nur um ihn zu sehen.

Als die Prinzessin das sah und begriff, dass sie nicht mehr so angesehen war, wurde sie eifersüchtig. Aber ein Trost war ihr geblieben: Der Zaddik hatte gesagt, der Sohn werde vollends aus Edelsteinen sein, aber er war nun einmal nicht aus Edelsteinen und deshalb meinte sie:„Nur gut so, dass er es nicht ist!“

Als der Königssohn eines Tages Holz schnitzte, schnitt er sich dabei in den Finger. Seine Schwester, die Prinzessin, sprang natürlich sofort helfend herbei und verband seinen Finger. Während sie ihm den Verband anlegte, bemerkte sie unter seiner Haut einen Edelstein! Daraufhin kannte ihre Eifersucht keine Grenzen mehr.

Anschließend stellte sie sich krank. Sehr viele Ärzte kamen, um sie zu behandeln, allerdings konnte keiner sie heilen.

Infolgedessen rief man die Hexer. Einem von ihnen gestand sie dann die Wahrheit, nämlich dass sie sich – wegen ihres Bruders, der … – die Krankheit nur simulierte.

Danach fragte sie den Hexer, ob es wohl möglich sei, jemanden so mit einem Fluch zu belegen, dass er die Krätze bekäme. Der Hexer antwortete mit einem „Ja“!

 Da wandte sie ein: „Und wenn er sich einen anderen Zauberer sucht, der diesen Fluch aufheben kann, würde er dadurch wieder geheilt werden?!“

Der Hexer gab zur Antwort: „Wenn man den Fluch-Zauber ins Wasser wirft, kann er nicht mehr aufhoben werden.“

Sie war damit einverstanden. Der Hexer belegte den Königssohn also mit einem Fluch, den sie dann ins Wasser warf. Und die Krätze befiel den Königssohn dann auch tatsächlich.

Er hatte die Krätze auf der Nase, im Gesicht, ja am ganzen Körper. Der König beriet sich mit den Ärzten und mit den Zauberern, doch sie waren nicht in der Lage, ihm zu helfen.

Deshalb befahl er den Juden wieder, für seinen Sohn zu beten. Die Juden suchten deshalb nach dem Zaddik und brachten ihn vor den König. Der Zaddik hatte stets zu Gott gebetet, denn er hatte ja versprochen, dass der Königssohn vollends aus Edelsteinen sein wird, aber das hatte sich offensichtlich doch nicht erfüllt. Er wandte sich aus diesem Grunde vorwurfsvoll an Gott: „Hab ich es etwa um meiner Ehre Willen getan? Allein zu Deiner Ehre habe ich so gehandelt! Doch es hat sich nicht erfüllt, was ich versprochen habe!“

Der Zaddik kam also vor den König und betete, doch es half nichts. Plötzlich jedoch teilte man ihm mit, dass hier ein Fluch ausgesprochen war. Der Zaddik, der weit über allen Hexern und Zauberern stand, teilte dem König mit, sein Sohn wäre von einem Fluch belegt und – da man diesen Zauber ins Wasser geworfen hätte – kann man ihn nun auch nicht heilen. Es sei denn, man ertränkt denjenigen, der ihn mit diesem Fluch belegte.

Da sprach der König: „Ich gebe alle Zauberer in deine Hand, auf dass sie ins Wasser geworfen werden, nur soll mein Sohn geheilt werden!“Die Prinzessin geriet nun in große Furcht und lief zum Wasser, um den Fluch, den sie dort hineingeworfen hatte, wieder herauszuholen. Denn sie wusste ja, wo er lag.

Allerdings stürzte sie bei diesem Versuch ins Wasser, was wiederum große Bestürzung hervorrief. Kurz nach diesem Ereignis kam der Zaddik zum König und teilte ihm mit, dass der Königssohn nun doch wieder völlig gesund sein wird. Und wie versprochen war es dann auch so. Die Krätze vertrocknete und fiel deshalb von ihm ab. Nun schälte sich die sehr trockene und zerstörte Haut ebenfalls ab und es offenbarte sich, dass er vollends aus Edelsteinen war. Ferner sah man, dass er jegliche Eigenschaften aller Edelsteine besaß, genauso, wie es der Zaddik vorhergesagt hatte.

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