Captain Hook

Der richtige Blick auf eine Sache gehört zu den wichtigsten Dingen auf der Welt … Es war einmal ein König, der optisch an Captain Hook erinnerte …

4 Min.

Rabbiner David Kraus

gepostet auf 17.03.21

Der richtige Blick auf eine Sache gehört zu den wichtigsten Dingen auf der Welt. Im Fünften Buch Moses (Kapitel 10, Satz 20) steht das Gebot:
 
„…an Ihm sollst du hängen…“– Wie sollen wir dieses Gebot verstehen? Kann ein Mensch sich wahrhaftig an Gott hängen? – Die Antwort darauf ist u.a.:
 
Ein Mensch muss sich an die guten Eigenschaften Gottes hängen. Das heißt:
 

  • So wie Gott barmherzig ist, so sei auch du barmherzig.
  • So wie Gott nur das Gute für jeden will, so sollst auch du nur das Gute für deinen Nächsten wollen.
  • So wie Gott ständig lächelt, so sollst auch du ständig ein Lächeln auf deinen Lippen haben usw.

Doch das Wichtigste dabei ist, dass ein Mensch stets versuchen soll, nur das Gute an sich selbst sowie an seinen Mitmenschen zu sehen.

Um dies besser zu veranschaulichen, werden wir nun eine Geschichte erzählen:
 
Es war einmal ein König, der optisch an Captain Hook erinnerte. Er hatte nämlich ein Holzbein, eine Hakenhand aus Metall, ein Glasauge und darunter noch eine riesige und hässliche Schnittnarbe im Gesicht.
 
Eines Tages wollte der König porträtiert werden und beauftragte dafür einen begabten Maler!
 
Dieser gestaltete das Portrait so wie er den Monarchen tatsächlich sah. Als er ihm das Bild dann überreichte, reagierte der König voller Entsetzen:
 
„Was zum Teufel hast du Stümper dir dabei gedacht, mich so hässlich abzubilden – Soll ich das etwa sein!? Unverschämtheit!!! Für diese Majestätsbeleidigung wirst du mit deinem Leben bezahlen!“
 
Der König rief daraufhin seine Wachen und gab den Befehl zur sofortigen Hinrichtung des Künstlers.
 
Dieses Ereignis war binnen sehr kurzer Zeit im gesamten Königreich das Hauptthema Nummer Eins.
 
Wie dem auch sei, der Portrait besessene Monarch beauftragte einen weiteren Maler mit der Aufgabe, ihn abzubilden. Diesem war nun selbstverständlich bewusst, was seinem Künstlerkollegen widerfuhr. Deshalb entschloss er sich aus seiner Fantasie heraus ein wunderschönes Bild zu zeichnen, das nicht die geringste Ähnlichkeit mit dem König besaß.  
 
Als er ihm das Bild dann überreichte, reagierte der König erneut voller Fassungslosigkeit:   
 
„Du bist ja noch viel unfähiger als dein Kollege! Der Mann auf dem von dir gezeichneten Zerrbild hat mit mir ja überhaupt keine Ähnlichkeit. Mir so etwas unterjubeln zu wollen verdient nur eine Strafe: Kopf ab!“ 
 
Wie gesagt, so getan! Der König schrie also erneut nach seinen Wachen und gab wiederum den Befehl zur sofortigen Hinrichtung auch dieses Künstlers. Der Scharfrichter konnte also wieder sein grausiges Handwerk ausüben.
 
Wie dem auch sei rückte der Monarch trotz der Geschehnisse nicht von seinem Willen ab! – Er wollte also nach wie vor ein Portrait von sich haben. Deshalb beorderte er zum dritten Mal einen Maler zu sich in den Palast der ihn zeichnen solle.
 
Als der Künstler das Königshaus betrat schossen ihm folgende Gedanken durch den Kopf:
 
„Der erste Maler wurde hingerichtet weil er den Monarchen so abbildete, wie er tatsächlich aussieht. Der zweite Künstler wurde hingegen hingerichtet, weil er einen überaus schönen Mann zeichnete und anschließend behauptete dass dies der König sei… Was soll ich nun nur machen!?“
 
Als er sich diese Frage stellte, erinnerte er sich plötzlich an folgende Geschichte:
 
Es war einmal ein Tiger dem man unbeschreiblichen Mundgeruch nachsagte. Mit diesem Wissen machte sich also die Raubkatze auf den Weg, um zu überprüfen ob dem tatsächlich so ist. Als der Tiger auf der Straße einem Esel begegnete, fragte er ihn:
 
„Entschuldige bitte. Kannst du mir vielleicht sagen ob ich Mundgeruch habe?“
 
„Ja!“ – erwiderte der Esel den Tiger mit einem verzerrten Gesicht. Die Raubkatze fühlte sich deshalb in ihrer Würde verletzt und griff den Esel an! Er biss solange auf den Esel ein, bis dieser seinen Verletzungen erlag.
 
Dieses Ereignis machte selbstverständlich binnen kurzer Zeit in der Tierwelt die Runde.
 
Der Tiger interessierte sich allerdings nicht wirklich dafür. Im Gegenteil, als er eine Kuh auf einer Weide stehen sah, fragte er auch sie:
 
„Entschuldige bitte. Kannst du mir vielleicht sagen ob ich Mundgeruch habe?“ –
 
Da die Kuh wusste, was mit dem Esel geschah, als er dem Tiger mit einem „Ja“ entgegnete, entschloss sie sich einfach „Nein“ zu sagen.
 
Der Raubkatze gefiel diese Antwort allerdings ebenfalls nicht und schrie: „Was! Du verfluchte Lügnerin!“ und töte die Kuh.
 
Die Tierwelt war äußerst erschrocken von dem grausamen Verhalten des Tigers.
 
Alle Tiere hatten unbeschreibliche Angst vor ihm …
 
Als er dann eines Tages auf einen Fuchs stieß, fragte er auch ihn: 
 
„Entschuldige bitte. Kannst du mir vielleicht sagen ob ich Mundgeruch habe?“
 
Der raffinierte Fuchs zog sich dann aber mit seiner Antwort geschickt aus der Affäre, indem er sagte:
 
„Es tut mir wirklich sehr leid, aber ich kann dir leider keine Antwort geben! – Ich bin nämlich ein wenig verschnupft und deshalb bin ich im Moment nicht in der Lage Gerüche wahrzunehmen. Frag am Besten Jemanden der nicht erkältet ist!!!“
 
Der Tiger bedankte sich anschließend bei dem Fuchs für seine – aufrichtige – Antwort und machte sich davon.

Diese Geschichte gab dem Künstler den richtigen Blick und weise Gedanken.
 
Sofort machte er sich ans Werk! Zunächst zeichnete er eine wunderschöne Landschaft.
 
Später setzte er in die Mitte dieser Naturprovinz ein Pferd. Auf diesem Pferd zeichnete er den König sitzend so, dass sein Holzbein vom Pferdekörper verdeckt ist, also nicht zu sehen war.
 
Das Problem der Hakenhand aus Metall, dem Glasauge und der hässlichen Schnittnarbe wusste er ebenfalls zu beheben, indem er den König wie einen Jäger abbildete. Er zeichnete ihn also in einer Situation, in der er einen Vogel vom Himmel herunterschießt. Dabei hielt der Monarch auf seinem Portrait das Sturmgewehr so, dass man seine Hakenhand nicht erkennen konnte. Des Weiteren hat er sein Glasauge zur exakten Zielanvisierung geschlossen und das Sturmgewehr liegt genau auf dem Teil des Gesichts auf, auf dem eigentlich die riesige und hässliche Schnittnarbe zu sehen sein müsste.
 
Mit anderen Worten bildete er den eigentlich mit unübersehbaren Mängeln behafteten König wie einen Helden ab!  
 
Voller Selbstvertrauen überreichte der Künstler ihm das Bild. Dem Monarchen blieb daraufhin – im wahrsten Sinne des Wortes – für einige Augenblicke die Luft weg! …
 
Dieser Künstler verhält sich ja wie Gott! Denn ganz egal wie ein Mensch aufgrund seiner Handlungen, Aussprüche oder Gedanken aussieht: Gott bildet ihn immer als Helden ab! Gott sieht immer nur das Gute an einem Menschen – niemals das Schlechte oder irgendwelche Mängel! 
 
Am Anfang dieses Artikels führte ich auf, dass der richtige Blick auf die Sache eines der wichtigsten Dinge auf der Welt verkörpert. – Welcher Blick? Der künstlerische Blick Gottes! Ein Mensch, der die guten Eigenschaften Gottes in sein Leben, damit also in seinem Charakter, übernimmt und deshalb stets versucht, nur das Gute an sich selbst sowie an seinen Mitmenschen zu sehen, der wird diese Welt nur noch lächelnd und voller Freude durchschreiten.
 
Manchmal scheint es einen Menschen so, als ob ihm jemand etwas Böses will, indem dieser Jemand das eine oder andere sagte oder sogar antat. Nun muss er den richtigen Blick für die Sache haben. Entweder er wertet das Geschehene aus der nüchternen Perspektive, also so wie es sich tatsächlich ist. Oder er lügt sich etwas vor! Oder er versucht, nur das Gute und Schöne herauszufiltern! – So wie Gott es mit uns macht! Und sobald sich ein Mensch immer für das Letztere entscheidet, macht er sich zu einem wahrhaftigen Künstler, dessen Portraitzeichnungen einen Menschen vor Erstaunen – im wahrsten Sinne des Wortes – die Luft zum Atmen nehmen …

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