Meister der Propaganda
Wie viele Feinde Israels, einschließlich der heutigen, war Korach ein Meister der Propaganda.
Wie Korach das Volk mit einer Lügengeschichte gegen Mosche und Aharon aufstachelte …
Unser Wochenabschnitt berichtet von der Rebellion Korachs und seiner Mitverschwörer. Obwohl Korach Mitglied des edlen Stammes Levi war, überzeugte er Datan, Awiram und On, zusammen mit 250 Anhängern des Stammes Re’uven, zu rebellieren.
»Sie versammelten sich gegen Mosche und Aharon und sprachen zu ihnen: Ihr maßt euch zu viel an! Die ganze Gemeinde besteht aus lauter Heiligen, denn G’tt ist unter ihnen. Warum erhebt ihr euch über die Versammlung des Ewigen?« (4. Buch Mose 16,3).
Korach war ein meisterhafter Provokateur. Er konnte die Horden von sich überzeugen und machte sie glauben, dass er für das gemeine Volk rebelliert statt zu seinem eigenen Nutzen.
MIDRASCH
Der Midrasch berichtet, wie Korach versuchte, das Volk gegen Mosche aufzubringen. Er protestierte dagegen, dass die Menschen den Priestern – allesamt aus der Familie Mosches und Aharons – Steuern und Abgaben entrichten mussten. Laut dem Midrasch ging Korach von Haus zu Haus und erzählte den Israeliten von der unterdrückten Witwe – eine Geschichte, die er frei erfunden hatte: Eine Witwe und ihre zwei Töchter besaßen ein kleines Feld, das ihnen einen mageren Lebensunterhalt ermöglichte.
Doch Mosche und Aharon machten der armen Witwe das Leben schwer. Sie wurde angehalten, als sie das Feld mithilfe eines Ochsen und eines Esels pflügen wollte, und durfte ihre Äcker nicht mit gemischten Saaten bestellen. Sie musste die ersten Früchte in den Tempel bringen, und man verbot ihr, die Ecken der Felder zu ernten oder die Nachlese zu sammeln. Als sie das Getreide mahlen wollte, forderte Mosche das Hebopfer sowie das erste und zweite Zehntel für die Priester.
Als die Witwe erkannte, dass sie von ihrem Feld nicht mehr leben konnte, verkaufte sie den Acker und schaffte sich einige Schafe an. Doch als erstmals ein Schaf geboren wurde, erschien Aharon und forderte es für sich, und nach der ersten Schur der Tiere erhob er Anspruch auf die Wolle. Inzwischen hatten sich die Schafe vermehrt – und auch da kam Aharon: Er forderte eines der Tiere als Zehnt.
Die arme Witwe hielt das nicht länger aus und schlachtete die Schafe. Aber auch da erschien Aharon und forderte Schulter und Wangen für sich. In ihrem Zorn brachte die Witwe das ganze Fleisch zum Tempel.
»Nun«, sagte Aharon fröhlich, »gehört alles endlich mir allein.« Er nahm das Fleisch und ließ die weinende Witwe mit ihren Töchtern zurück. »Solche Männer«, sagte Korach, »sind Mosche und Aharon, die ihre grausamen Taten als g’ttliches Gesetz ausgeben.« Mit diesen Worten und der herzzerreißenden Geschichte von der Witwe gelang es Korach, Tausende Israeliten dazu zu verführen, sich seiner Rebellion anzuschließen.
WAHRHEIT
Wie viele Feinde Israels, einschließlich der heutigen, war Korach ein Meister der Propaganda. Seine Lügen waren zwar außergewöhnlich, basierten jedoch immer auf der Wahrheit. So war alles, was Korach über die priesterlichen Gaben und den Zehnt sagte, absolut wahr, aber er berichtete in derart verzerrter Weise, dass er die Israeliten damit aufstacheln konnte.
Doch schließlich konfrontierte Mosche Korach vor dem gesamten Volk mit seinem unseligen Tun und sagte: Wenn diese Leute (Korach und seine Komplizen) eines natürlichen Todes sterben, dann hat G’tt mich nicht gesandt. Aber wenn G’tt die Erde öffnet, sodass sie verschluckt werden, dann wird man wissen, dass diese Leute G’tt tatsächlich provoziert haben.
Während Mosche sprach, erschien vor dem Volk Israel ein Bild. Es war dieselbe Situation, die Korach beschrieben hatte. Doch diesmal lebte das Volk im Heiligen Land und arbeitete auf den Feldern. Die Leviten, die Fremdlinge, die Waisenkinder, die Witwen und die Armen kamen auf die Felder, um sich zu sättigen. Die Besitzer der Felder begrüßten die Armen und luden sie zum Essen und zum Trinken ein, und alle erfreuten sich. Je mehr das Volk Israel für andere gespendet hatte, desto üppiger fiel die Ernte aus. Die Erde brachte ihren Ertrag hervor, die Weinfässer und Öllager waren voll.
Der Midrasch erzählt: Als Korach und seine rebellische Kohorte diese Vision sahen, tat sich die Erde auf und verschluckte die Männer. Während sie ins Nichts stürzten, riefen sie: »Mosche emet, weTorato emet« – »Mosche ist wahr, und seine Tora ist wahr.« Die Erde bedeckte sie, und sie waren für immer verloren.
TAKTIK
Viele unserer Feinde und sogar einige unserer fehlgeleiteten jüdischen Brüder und Schwestern üben diese Art Taktik aus, die Taktik der großen Lüge, um unser Volk, Israel, anzugreifen. Sie verbreiten Geschichten, die von den Untaten Einzelner erzählen, oder erfinden Lügen, die Juden in ein schlechtes Licht rücken.
Unsere jüdischen Brüder und Schwestern, die mit der Tradition unglücklich sind, konzentrieren sich oft auf einen einzelnen Vers, eine unklare rabbinische Quelle oder Halacha, um ihre Abtrünnigkeit und Untreue zu rechtfertigen. Sie bemühen sich dabei nicht einmal darum, die Schönheit zu sehen, die selbst in jenen Stellen liegt, die sie kritisieren.
Aus diesem Grund müssen wir uns genügend bilden, damit wir in der Lage sind, unseren Feinden und unseren fehlgeleiteten Brüdern und Schwestern das wahre Bild von G’tt und unserer außergewöhnlichen Religion zu zeigen. Dann wird die ganze Welt die Wahrheit sehen und rufen: »Mosche emet, weTorato emet« – »Mosche ist wahr, und seine Tora ist wahr.«
Der Autor ist Rabbiner in Osnabrück und Mitglied der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD). Dieser Artikel erschien in der Jüdischen Allgemeinen. Mehr Infos finden Sie auf dem Blog von Rabbi Abraham Itzchak Radbil.
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