Demut (1)

In Sachen Demut täuschen viele, da jeder von uns automatisch denkt, dies bedeutet, träge, traurig, kraftlos usw. zu sein. Demut = Antrieb ...

6 Min.

Rabbiner Shalom Arush

gepostet auf 05.04.21

In Sachen Demut täuschen viele, da jeder von uns automatisch denkt, dies bedeutet, träge, traurig, kraftlos usw. zu sein. Die Demut muss einem Menschen Antrieb geben, alle möglichen Anstrengungen und Gebete zu versuchen, um sich aus seinem beschränkten Dasein (Verzweiflung, Traurigkeit) befreien zu können, damit er ein erweitertes Bewusstsein (Glück, Freude) erlangen kann.  

Wahre Demut bedeutet nicht, dass man sich denken muss, dass man nichts wert sei. Das Gegenteil ist richtig, da jeder Mensch etwas äußerst Wertvolles darstellt. Wahre Demut bedeutet, dass man alle seine Schwachstellen kennt sowie alle seine Stärken und Qualitäten. Allerdings ist man sich darüber im Klaren, dass man diese ausschließlich von Gott erhielt und nicht etwa aus eigener Kraft. Diese Sicht ist deshalb so wichtig, da sie aufzeigt, dass man ohne die Hilfe Gottes nichts in seinem Leben zum Positiven verändern kann.
 
Wer im Leben erfolgreich ist, muss sich selbstverständlich darüber freuen; so wie jeder Mensch stets nur das Gute und Positive an sich und an seinem Leben – völlig unabhängig vom Erfolg – sehen muss. Allerdings darf ein erfolgreicher Mensch nicht vergessen, wer ihm zu seinem Erfolg verhalf – Gott!
 
Ein Mensch, der einen „schlechten Tag“ erwischt hat, da er an etwas scheiterte o. dgl., und sich aufgrund dessen in seinem Kopf negative Dinge projizieren, darf sich deswegen nicht um seine Freude bringen lassen! Im Gegenteil, er muss versuchen zu verstehen, weshalb es gerade in seinem Leben nicht so gut läuft. Dabei wird ihm mit Sicherheit vieles durch den Kopf gehen. Doch er muss begreifen, dass es nur eine Antwort darauf gibt: „Gott lässt dich derzeitig eine schwierige Lebenssituation durchlaufen, damit dir bewusst wird, dass du Ihn brauchst.“
 
Fazit: Ein Mensch, der in seinem Charakterbild Hochmut aufweist, hat dies nur aus zwei Gründen: a) Er hat sich vollends von Gott abgekapselt. b) Er sieht nur sich selbst. Folglich prahlt er bei Erfolg herum: „Ich habe es geschafft, den Erfolg zu erzielen …“ Und bei Misserfolgen bricht er wie ein Kartenhaus zusammen, indem er zu sich sagt: „Ich bin schändlich gescheitert …“ 
 
Durch die Demut wird klar, dass man sich seinem Vater im Himmel nur: ohne Druck, ohne Traurigkeit, ohne Verzweiflung, ohne Selbstschuldzuweisungen usw. nähern kann! Zu alldem muss man NEIN sagen! Nur in Fröhlichkeit kann man sich Gott nähern! Nur mit Bitten: „Lieber Gott, bitte führe mich ans Licht des Glaubens!“
 
Rabbi Nachman aus Breslev erzählte diesbezüglich eine Geschichte:  Es war einmal ein König, der nur einen Sohn hatte. Eines Tages entschloss er sich, seinen Sohn zum König zu ernennen und bereitete ein sehr großes Festmahl vor.
Bei allen königlichen Festmahlen war der König stets glücklich und zufrieden. Doch bei diesem Festmahl, bei dem es galt, seinem Sohn die Krone zu überreichen, war seine Freude besonders groß, vor allem durch die Tatsache, dass er mit eigenen Augen erleben konnte, wie sein einziger Sohn die Königswürde übernimmt. Die Gästeliste dieses Festmahles war bestückt mit Ministern, Prinzen und allem, was Rang und Namen hatte. 
 
Das ganze Land zeigte sich von der Entscheidung des Königs überglücklich und wertete es als wohl größte Ehre für ihn. Dieses Festmahl war etwas Außergewöhnliches, da atemberaubende Freude herrschte. Freude im Überfluss, vor allem durch den Chor, durch die Komiker usw. Als die Stimmung ihren Höhepunkt erlangte, stand der König auf und sagte zu seinem Sohn: „Aufgrund meiner hellseherischen Eigenschaften sah ich, dass du in der Zukunft von deinem Thron stürzen wirst. Sieh dich vor, dass du an dem Tag, an dem du von deinem Thron stürzen wirst, nicht der Traurigkeit verfällst. Im Gegenteil, sei stets fröhlich. Denn wenn du fröhlich sein wirst, werde ich ebenso glücklich sein. Und wenn du traurig sein wirst, werde ich trotzdem glücklich darüber sein, dass du kein König mehr bist; denn aufgrund der Tatsache, dass du nicht imstande warst, im Moment deiner Königsentmachtung fröhlich zu sein, gebührt es dir nicht, auf dem Königsthron zu sitzen. Wenn du dabei allerdings fröhlich sein wirst, werde ich darüber mehr als glücklich sein …“ 
 
Diese Geschichte offenbart uns die unbeschreibliche Wichtigkeit und Pflicht, glücklich zu sein – auch trotz eines großen Misserfolgs oder gewaltigen Versagens. Im Prinzip beschreibt diese Geschichte den Charakterzug der Demut. Der König – Gott – ist sich dessen bewusst, dass man im Leben abstürzen kann sowie Misserfolge usw. haben wird. Doch trotz dieser Tatsache verlangt Er von dir: „Sei stets fröhlich! Und sieh dich vor, dass du nicht der Traurigkeit verfällst! Denn so wie Ich dich krönte, indem Ich dir Erfolg gab, will Ich nun, dass du dich trotz deines Misserfolgs freust. Und wie Ich dir befahl, keine Sünden zu begehen, und du dieses nicht befolgtest, verlange Ich jetzt von dir, nicht traurig zu sein!“  
Folglich musst du wissen: „Gott ist stolz auf dich! Er ist stolz auf dich, wenn du „König“ bist, d.h. wenn du Erfolg hast. Und ebenso stolz ist Gott auf dich, wenn du von deinem Thron stürzt, d.h. wenn du gescheitert bist oder versagt hast – allerdings nur, wenn du auch dann deine Freude behältst.“ 
 
Weshalb liebt Gott einen Menschen, der trotz seines Misserfolges an seiner Freude festhält? Deshalb, weil solch ein Mensch auf dem Boden der Tatsachen steht und weiß, worum es im Leben geht! Er ist sich dessen bewusst, dass er kein Superman ist, und deswegen verwundert es ihn auch nicht, wenn es in seinem Leben nicht so läuft oder wenn er an etwas scheitert bzw. versagt. Und sobald es in seinem Leben aufwärts geht, macht er sich keine Illusionen – so als ob er der „Macher Nr. 1“ auf diesem Planeten wäre.
 
Gott will Seinen Kindern – also uns – die Krone aufsetzen! Er will, dass man bei allem, was man tut, Erfolg hat. Erfolg, den man aus der Kraft seines Vaters im Himmel schöpft. Und was macht für jeden erkenntlich, dass es ihm wahrlich gebührt, auf dem Königsthron zu sitzen? Die Gabe, von ihm herabzusteigen, ohne dabei der Traurigkeit zu verfallen! Und weshalb? Da nur solch ein Mensch, der sich dessen bewusst ist, dass sein Königtum, d.h. sein Erfolg o. dgl., ihm in Wirklichkeit nicht gehört, sondern ihm lediglich von Gott in Seiner Barmherzigkeit überreicht wurde, würdig ist, von ihr Gebrauch zu machen. Demzufolge ist das deutlichste Erkennungszeichen, dass man auf der Stufe der Wahrheit und der Demut steht, die Tatsache, dass man trotz seines Misserfolgs glücklich und fröhlich bleibt! 
 
Bei Misserfolg, d.h., sobald man von seinem Königsthron stürzt, bewahrt man durch seine reale Sicht der Dinge einen kühlen Kopf. Dabei betrachtet man seinen Sturz nicht als eine Katastrophe, sondern als Rückkehr in die Realität; in die Realität eines durchschnittlichen Menschen, der einen bösen Trieb besitzt und sich egoistisch sowie grausam verhält, sobald ihm Gott nicht hilft, alle natürlichen Lebenshürden erfolgreich zu überwinden.
 
Daher muss man nach Misserfolgen darauf achten, dass man weder hochmütig wird noch sich selbst für etwas verantwortlich macht bzw. die Schuld bei sich selbst sucht! Da er durch diese Verhaltensweisen bezeugt, dass es ihm seiner Meinung nach möglich gewesen wäre, nichts Schlechtes zu begehen, er also in altes Fehlverhalten zurückfällt. 
 
Wer sich nun fragt, weshalb Gott einem Menschen nicht hilft bzw. es nicht verhindert, dass man ihn von seinem Königsthron stürzt, der muss wissen: „Gott sieht, dass man vergaß, dass man SEINE Hilfe benötigt, und dass man die Kraft des Regierens von IHM bekam. Folglich ist man erfüllt von Gedanken, wie: Ich bin gut; ich bin gerecht; ich kann alle überlisten; ich bin der König…“ Diese Dinge bilden den Grund dafür, dass Gott einem Menschen manchmal keine Hilfe zukommen lässt, da Er möchte, dass man seine Fantasiewelt verlässt und sich auf den Boden der Tatsachen begibt – nämlich zu wissen, dass man ohne die Hilfe Gottes nicht imstande sein wird, seinen bösen Trieb zu überlisten. Wenn Gott einen Menschen zum König ernennt und ihm dabei nicht die Kraft dafür gibt, dieses Amt auszuführen, wird er scheitern! 
 
Allerdings darf man nicht vergessen, dass man nach einer Pleite überhaupt keinen Fall der Traurigkeit oder Verzweiflung verfallen darf, da diese melancholischen Schwermutszustände die Wurzel des Hochmuts und Egos bilden. Demnach ist nun klar, weshalb man ausgerechnet auf diesem Weg überprüft, ob ein Mensch den Charakterzug der Fröhlichkeit errang, da solch ein Mensch immer glücklich ist; völlig unabhängig von seiner aktuellen Situation. Solch ein Mensch ist sich dessen bewusst, dass es sich bei seinem Verhalten haargenau um den Willen Gottes handelt, d.h., dass er sich auch nach einer Pleite von seiner glücklichen und fröhlichen Seite zeigt und er seine vorherigen Erfolge nicht sich selbst, sondern IHM zuschreibt. Damit liegt dieser stets lächelnde Mensch goldrichtig!
 
Die Regel besagt: Sobald man vergisst, dass der Erfolg von Gott abhängt, ist ein Absturz, nicht mehr abwendbar! Der Grund dafür liegt auf der Hand: Sobald ein Mensch sich einbildet, dass er seinen Erfolg ausschließlich sich selbst zu verdanken hat, schneidet er sich in diesem Moment völlig von Gott ab, da Er die Wurzel seines Lebens und seiner Kraft ist. Demnach ist ein Absturz unvermeidbar. Allerdings ist dies gut so! Er wird sich dadurch vielleicht daran erinnern, dass er seine Kraft zum Regieren von Gott erhielt. Wenn ein Mensch nach seiner Pleite mit allen Mitteln versucht, glücklich zu sein, lässt er im Prinzip den Grund seines Absturzes verschwinden: Der Grund seines Absturzes war seine Sichtweise der Probleme, die ihn vergessen ließ, dass er seine Kraft von Gott erhält. Doch nach diesem Sturz versucht er mit allen Mitteln nicht noch tiefer zu fallen, d.h. sich der Traurigkeit zu ergeben. Daher ist er glücklich, und damit ermöglicht er sich selbst den Weg nach oben, da Gott dadurch sieht, dass ihm klar wurde, dass er seine Kraft von Ihm erhielt.
 

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